Hauser, Carry
eigentlich Carl Maria Hauser, geb. am 16.2.1895 in Wien – gest. am 28.10.1985 in Rekawinkel bei Wien; Maler, Grafiker, Autor
Der Sohn eines Wiener Beamten studierte nach dem Besuch des Schottengymnasiums und der Graphischen Lehr- und Versuchsanstalt ab 1912 an der k.k. Kunstgewerbeschule u.a. bei Franz Cizek und Oskar Strnad. Im November 1914 verließ er die Schule für den freiwilligen Einsatz an der Ostfront. Bei der Regimentsausstellung in Troppau im September 1918 präsentierte er erste Werke. Dabei lernte er Franz Theodor Csokorgeb. am 6.9.1885 in Wien - gest. am 5.1.1969 in Wien; Schriftsteller, Kritiker, Dramaturg, Regisseur Aus einer gutb... kennen, dessen Werke er mehrmals illustrierte und für sie auch Bühnenbilder schuf, u.a. für Die rote Straße 1921 am Deutschen Theater in Brünn sowie für spätere Inszenierungen im Burg- und RaimundtheaterDie Gründung des Raimundtheaters ging auf eine Initative von rund 500 Wiener Bürgern zurück, die sich 1890 zum „Wie....
Zwischen 1918 und 1922 pendelte H. zwischen Wien und Hals bei Passau, wo er mit Georg Philipp Wörlen die Künstlergruppe Der Fels gründete. In Hals entstand eine Reihe von Kunstbüchern in der Tradition der „Blockbücher“ des 15. Jahrhunderts, in denen alle Elemente inklusive der Schrift händisch gefertigt sind. Aufenthalte in Berlin und München folgten. In Wien schloss H. 1919 Kontakt mit Arthur Roesslergeb. am 20.2.1877 in Wien – gest. am 20.7.1955 in Wien; Kunstkritiker, Schriftsteller, Essayist, Kunsthändler Aus: Mo..., der zu seinem maßgeblichen Förderer wurde und die Publikation der Mappe Die Insel in seinem Avalun-Verlag sowie eine erste selbständige Ausstellung C.s im Haus der jungen Künstlerschaft ermöglichte. 1922 heiratete C. seine Jugendfreundin Trude Herzog. In Wien war H. u.a. 1923 Gründungsmitglied der Gesellschaft zur Förderung moderner Kunst um Hans Tietzegeb. am 1.1.1880 in Prag – gest. am 11.4.1954 in New York; Kunsthistoriker, Essayist, Redakteur, Ausstellungskurator, .... 1923 wurde H. Teil des Künstlerbundes Hagen, zu dessen Vizepräsident er 1925 und 1927/28 zum Präsident aufstieg. Er gehörte bis 1938 dem Vorstand an.
H.s frühe Werke, inhaltlich von Kriegsgräueln geprägt, standen unter expressionistischen Einfluss, insbes. durch die in Berlin gesehenen Werke von George Grosz und Otto Dix sowie unter der Wirkung von Sigmund Freuds Traumdeutung (u.a. Nächtebuch 1920, Buch der Träume 1922). Im Verlauf der Zwanziger wirkten der Kubismus und der Futurismus stilprägend auf den sich zur Neuen Sachlichkeit hinwendenden H., der verstärkt soziale Fragen behandelte. Er illustrierte neben den Werken Csokors u.a. den Vorabdruck von Else Feldmanns Der Leib der Mutter in der Arbeiter-ZeitungGegr. 1889, verboten 1934, illegal 1934-1938, 1938 verboten, neugegr. 1945, eingestellt 1991 Aus: Arbeiter-Zeitung, 12.... 1924, ab 1926 mit O. R. Schatz die Titelblätter der von Roessler geleiteten Zs. Österreichs Bau- und Werkkunst, das Jahrbuch 25 Jahre Neue Musik sowie die Musikblätter des Anbruchs. Bühnenbilder entwarf H. u.a. auch für Pedro Calderón de la Barca und Carl Zuckmayer. Mit dem Buch von der Stadt, das Texte und Bilder H.s verschränkte und Csokor zur Ballade von der Stadt anregte, nahm 1921 eine intensive Auseinandersetzung mit der Großstadt ihren Ausgang. Mit dem Ölbild Jazz-Band schuf er 1927 etwa zeitgleich zu Dix‘ Großstadt-Tryptichon eine Ikone der österreichischen Moderne. Befreundet war H. u.a. mit Alfred Kubin und Otto Stoesslgeb. am 2.5.1875 in Wien – gest. am 15.9.1936 in Wien; Schriftsteller, Kritiker, Beamter Der älteste Sohn eines ..., dessen Bewunderung für Matthias Hauer er teilte, ebenso wie mit Axl Leskoschek und Otto Rudlf Schatz.
Ab 1925 betrieb H. mit Robert Haas die Druckerwerkstatt Officina Vindobonensis, die illustrierte Werke im Handdruck herstellte, u.a. nach Texten des Priester-Dichters Heinrich Suso Waldeck. In diesem Kreis, dem auch Rudolf Henz, Paula von Preradovic, Erich Scheibelreiter oder Siegfried Freiberg angehörten, intensivierte sich H.s Hinwendung zu katholischen Themen. H. gestaltete später Plakate des Reichsbundes der katholisch-deutschen Jugend und porträtierte 1934 Theodor Innitzer.
Im Frühjahr 1932 initiierte u.a. H. die Einrichtung die Notgemeinschaft für Kunst und Schrifttum. Nach 1934 arrangierte er sich als Aktivist gegen den Nationalsozialismus mit der Vaterländischen Front (VF), wurde als Treuhänder des Referats Bildende Kunst im VF-Werk Neues Leben zu einem führenden Kulturfunktionär, unternahm 1936 eine Romreise mit Guido Zernattogeb. am 21.6.1903 in Treffen (Kärnten) – gest. am 8.2.1943 in New York; Schriftsteller, Politiker, Exilant Der Sohn ... und veröffentlichte noch 1938 das Buch Von Kunst und Künstlern in Österreich. Nach dem „Anschluss“ mit Ausstellungsverbot belegt, emigrierte H. in die Schweiz und widmete sich neben der Freskenmalerei verstärkt der Literatur.
1946 kehrte er mit seiner Familie, die über die Niederlande nach England emigrierte war, nach Wien zurück und konnte an seine Vorkriegskarriere anknüpfen. Er bemühte sich um den Wiederaufbau des Hagenbundes und wurde u.a. in der Präsidentschaft Csokors Generalsekretär des österreichischen PEN-Clubs, Vizepräsident des von ihm mitbegründeten Berufsverbandes Bildender Künstler Österreichs und der Föderation moderner bildender Künstler Österreichs. Mit Schatz widmete sich H. neben publizistischen und schriftstellerischen Tätigkeiten, etwa ab 1946 im Österreichischen Tagebuch, später auch in Neues Österreich, Die Furche und Die Presse, in der Phase des Wiederaufbaus vor allem der Kunst am Bau, etwa mit dem Mosaik Befreiung Österreichs (1956) an der Wand des Gemeindebaus Simonygasse in Wien-Währing. 1967 reiste H. erstmals nach Nordafrika und fand hier das zentrale Sujet seines Spätwerks.
Weitere Werke
Eine Geschichte vom verlorenen Sohn (1941, Privatdruck 1945), Zwischen gestern und morgen (1945), Maler, Tod und Jungfrau und andere Malermärchen (1946), Dalmatinisches Skizzenbuch (1962)
Quellen und Dokumente
Zeichnungen Carry Hausers: Der Kunstkritiker. In: Beiblatt der Muskete, 1.4.1923, S. 1. [Titelbild]. In: Die Muskete, 1.7.1923, S. 1, Else Feldmanngeb. am 5. 2. 1884 in Wien – gest. 1942 im Vernichtungslager Sobibor Feldmann, jüdische Schriftstellerin und Jou...: Der Leib der Mütter. Mit Zeichungen von Carry Hausereigentlich Carl Maria Hauser, geb. am 16.2.1895 in Wien – gest. am 28.10.1985 in Rekawinkel bei Wien; Maler, Grafiker,.... In: Arbeiter-Zeitung, 24.3.1924, S. 4, [Div. Entwürfe] In: Oesterreichs Bau- und Werkkunst 3 (1926), S. 68-71, Sechs Zeichnungen in: Musikblätter des Anbruch IX (1927), H. 1/2, Bühnenbilder aus Woyzek, Kasernenzimmer, Exl-BühneDie Exl-Bühne war ein volkstümliches Theaterensemble mit künstlerischem Anspruch, das sich vorwiegend dem Volks- und ..., Wien. In: Oesterreichs Bau- und Werkkunst 4 (1927), S. 250.
Weitere ausgewählte Bilder auf Mumok.at.
N.N.: Einserausstellung in Troppau. In: Neue Freie Presse, 20.9.1918, S. 6f., Richard Guttmanngeb. am 20.10.1884 in Wien – gest. am 4.2.1923 in Wien; Schriftsteller, Journalist G. trat bereits vor dem Ersten Wel...: C. H. 4. Ausstellung im Haus der jungen Künstlerschaft. In: Der Morgen, 13.10.1919, S. 10, A(lfred) M(arkowitz): Aquarell- und Graphikausstellung Carry Hauser. In: Arbeiter-Zeitung, 27.2.1924, S. 10, L. v. H.: Ausstellung im Hagenbund1899 auf Initiative des Architekten Joseph Urban und des Malers Heinrich Lefler von Mitgliedern der sog. „Haagengesell.... In: Wiener Salonblatt, 8.7.1928, S. 14f.
Umschläge für die Reihe Das österreichische Wort im Stiasny Verlag: Nr. 17: Rudolf Henz: Der Büßer (1957), Nr. 47: Hans Kaltnekergeb. am 2.2.1895 in Temesvár, Österreich-Ungarn - gest. am 29.9.1919 in Gutenstein, Niederösterreich; Lyriker, Dramat...: Gerichtet! Gerettet! (1959), Nr. 52: Alfons Petzold: Einmal werden sich die Tage ändern… (1959), Nr. 57: Theodor Kramergeb. am 1.1.1897 in Niederhollabrunn - gest. am 3.4.1958 in Wien; Lyriker Der Sohn eines aus Mähren stammenden jü...: Einer bezeugt es… (1960), Nr. 74: Max Brodgeb. am 27.5.1884 in Prag – gest. am 20.12.1968 in Tel Aviv; Schriftsteller, Kritiker, Herausgeber, Dramaturg, Komponi...: Die verbotene Frau (1960), Nr. 88: Carl Zuckmayer: … hinein ins volle Menschenleben (1961).
Literatur
Matthias Boeckl, Agnes Husslein-Arco, Harald Krejci (Hg.): Hagenbund. Ein europäisches Netzwerk der Moderne 1900 bis 1938 (2014), Cornelia Cabuk: C. H.. Monografie und Werkverzeichnis (2012), Dies.: Aspekte des Politischen. Engagierter Realismus bei C. H. In: Ralph Gleis (Hg.): O. R. Schatz & C. H. Im Zeitalter der Extreme (2016), 26-33, R. G.: Otto Rudolf Schatzgeb. am 18.1.1900 in Wien – gest. am 26.4.1961 ebenda; Maler, Holzschneider, Grafiker Als dritter Sohn einer Post... und C. H. Versuch einer konstruktiven Konfrontation. In: Ders. (Hg.): O. R. Schatz & C. H. Im Zeitalter der Extreme (2016), 8-17, Lambert Haiböck: Der Maler C. H. Mit einem Geleitwort von Franz Theodor Csokor (1960), Oswald Oberhuber, Hochschule für Angewandte Kunst: C. H. zum 90. Geburtstag. Eine Rehabilitation (1985), Erika Patka (Hg.): C. H. 1895-1985 (1989).
Viktor Suchy: Interview mit C. H., 8.3.1968. Dokumentationsstelle für neuere österreichische Literatur, Wien, DST TB 179.A1/B1.
N.N.: Carry Hauser ist im 91. Lebensjahr gestorben: Er war ein großer Humanist. In: Arbeiter-Zeitung, 29.10.1985, S. 36.
Biographischer Abriss mit Angaben zum Nachlass der Österreichischen Nationalbibliothek.
Das Buch von der Stadt [1921]. Ausgabe Kunsthandel Widder/Bibliothek der Provinz (2016) inkl. Besprechung durch G. Auenhammer: hier:
(EPH/ME)