Angel, Ernst

auch Ernest Angel, geb. am 11.8.1894 in Wien – gest. am 10.1.1986 in New Jersey; Schriftsteller, Kritiker, Verleger, Drehbuchautor, Filmregisseur, Psychoanalytiker, Exilant

Aus: Die Botschaft (1920)

Angel wurde nach der älteren Schwester Dora (in erster Ehe mit Otto Soyka verh.) als zweites Kind des Papierfabrikanten Siegfried A. und dessen Ehefrau Ilona in ein liberales jüd. Elternhaus hineingeboren. Seit 1905 besuchte er das k.k. akademische Gymnasium in Wien, wechselte dann an das Franz-Joseph-Real-Gymnasium und das k.k. Staatsgymnasium, ebenfalls in Wien. Die Reifeprüfung legt er 1914 allerdings am k.k. Gymnasium in Brünn ab. Zu Kriegsausbruch meldete sich Angel als Freiwilliger u. verbrachte die Jahre bis 1918 an verschiedenen Kriegsschauplätzen, um Ende 1918 als mehrfach ausgezeichneter Oberstleutnant aus der Armee im Zuge der Demobilisierung entlassen zu werden. Noch als Offizier begann er sich der Sozialdemokratie anzunähern, insbes. Viktor Adler. Nach dessen Tod fand er in Gustav Landauereine wichtige Referenzinstanz, begann in Wien das Studium der Philosophie und in Zs. wie Der Friede, Die Aktion, Die Wage, Die neue Schaubühne u.a.m. Lyrik und Essays zu veröffentlichen. 1920 erschien Angels Sturz nach oben, eine Sammlung von einunddreißig spätexpressionistischen Gedichten, von denen etliche auch in die von E. A. Rheinhardt hgg. Anthologie Die Botschaft Eingang fanden, so z.B. das Gedicht In memoriam Gustav Landauer, zugleich das Eröffnungsged. dieser Anthologie, das zuvor bereits in der Zs. Die Aktion erschienen war. Im selben Jahr war Angel kurz als Lektor im Berliner Erich Reiss Verlag tätig; Mitte 1922 wechselte er in die Dienste des Kiepenheuer Verlags und zwar als Herausgeber der Reihe ›Der Musterfilm‹ (mit H. 1 über Carl Mayer), die 1924 unter dem Titel ›Das Drehbuch‹ neuerlich angekündigt wurde, u. war Verfasser einer kleinen Schrift zum Gastspiel des Moskauer Künstlertheaters (so H. Bahr im NWJ, 10.6.1923, 8).

1923 heiratete er Dussia Efrika, doch die Ehe wurde 1925 wieder geschieden; Angel hielt sich vorwiegend in Berlin auf, während seine Frau in Wien lebte. Im selben Jahr erschien im Prager Tagbl. eine Artikelserie über den Erfinder Thomas A. Edinson, aus der 1926 ein Buch, gedachtals Jugendbuch u. veröffentlicht im eigens gegründeten Verlag E. Angel, entstand ein Buch, das u.a. E. Descovich in der NFP begrüßte. Über Edison publizierte Angel fortan auch in versch. Wiener Ztg.; 1927 heiratete er die Literaturwissenschaftlerin und Historikerin Johanna (Hanne) Lehmann in zweiter Ehe. 1928 produzierte er nach dem ersten Dokumentarfilm Zeitbericht – Zeitgesicht (Kamera: A. V. Blum, Produzent: W. Münzenberg) den abendfüllenden Film Emden III fährt um die Welt u. verlegte in Berlin verschiedene Sachbücher zu Alltagsthemen (Mode, Essen, Sport). 1929 gründete er die „Erdeka Film-GmbH“ in Berlin gemeins. mit dem österr. (späterbritischen) Filmemacher Georg M. Hoellering u. produzierte 1930-31 die Filme Jagd auf Dich und Freude am Körper. 1932, nach zuvor erfolgtem Ausstieg aus der Erdeka-Film, kehrte Angel nach Wien zurück. Frei nach H. v. Kleist produzierte er dort 1934 den Film Der Zerbrochene Krug, der als einziger österr. Beitrag beim Internationalen Tonfilmwettbewerb im Rahmen der Wiener Festwochen prämiert u. später auch ins Englische übertragen wurde. 1935 trat er als Referent an Wiener Volkshochschulen mit einem Vortragszyklus Wir lernen Filmsehen auf u. wurde dabei mit V. Matejka bekannt. Mit ihm, A. Hauser, E. Krenek u.a. Proponenten zählte er 1936 zuden Begründern der ›Gesellschaft der Filmfreunde Österreichs‹, der er ab 1937 vorstand.

Nach der Okkupation Österreichs durch das NS-Deutsche Reich wurde Angel, der zunächst unbehelligt blieb, im November 1938 im Zuge eines Aufenthalts bei seiner Frau in Berlin verhaftet und ins KZ Sachsenhausen eingesperrt, aus dem er nach fünfwöchiger Haft nach wieder frei kommen konnte. Am 31.3. 1939 konnte er schließlich Berlin Richtung Großbritannien verlassen, wo er auf seinen Jugendfreund Flesch-Brunningen traf. 1940 emigrierte er nach New York, wo ihn sein Schwager Heinrich E. Jakob, der von 1933 bis 1938 in Wien gelebt hatte, zunächst aufnahm. Mit ihm gründete er 1941 das Komitee ›Friends of the European Writers and Artists in America‹, in dem bedeutende internat. Emigranten wie Jules Romain, H.W. Auden, C. Zuckmayer und die Österreicher R. Auernheimer oder B. Viertel mitwirkten. Angels Bemühungen, in den USA im Filmbereich Fuß zu fassen, blieben dagegen ohne Erfolg, weshalb er sich mitversch. Hilfsarbeiten durchschlagen musste. Ab 1947 begann er sich derPsychologie, ab 1951 auch der Psychoanalyse, zuzuwenden, begann ein Studium, das er an der School for Social Research 1954 abschloss, um danach als Psychologe am Institute for Motivational Research in New York zu arbeiten. 1965 schloss Angel einundsiebzigjährig seine psychoanalyt. Studien an der New Yorker Universität mit der Promotion(Ph.D.) ab u. arbeitete dabei seit den späten 1950er Jahren u.a. mit Rollo May zusammen. 1973-1975 wurde er zum Präsidenten des ›Council of Psychoanalytic Psychotherapists‹ gewählt.


Quellen und Dokumente

Edison, der Ahasver der Telegraphie. In: Wiener Morgenzeitung, 23.3.1927, S. 3, Das Geheimnis des Tonfilms. In: Das Kino-Journal, 20.6.1931, S. 8f., Österreicher im deutschen Film. In: Neue Freie Presse, 31.7.1932, S. 12.

Ein Blick ins Atelier. In: Prager Tagblatt, 15.10.1922, S. 20, Neue Filmliteratur. In: Der Filmbote, 9.2.1924, S. 21, Vom Zeitungsjungen zum Erfinderkönig [zu Th. A. Edison]. In: Prager Tagblatt, 7.11.1925, S. 3, Emo Descovich: Thomas Alva Edison. Zu seinem 80. Geburtstag. In: Neue Freie Presse, 8.2.1927, S. 11, Gutes Essen – der modernste Sport. In: Moderne Welt 10 (1929), H. 15, S. 12, P.: Erster Abend der Gesellschaft der Filmfreunde. In: Der Wiener Film, 16.2.1937, S. 3.

Literatur

Deutschsprachige Exilliteratur seit 1933. Bd. 4: Bibliographien. Schriftsteller, Publizisten und Literaturwissenschaftler in den USA, herausgegeben von John M. Spalek, Konrad Feilchenfeldt, Sandra H. Hawrylchak. Bern-München 1994, 81-83 (weitgehend vollst. Bibl. auch der Zs.-Drucke).

Eintrag bei filmportal.de.

(PHK)