›Fremdheiten‹. Österreichische Lyrik der Zwischenkriegszeit: Jakob Haringer, Theodor Kramer, Wilhelm Szabo, Guido Zernatto
Das Modul setzt sich mit Formen der Thematisierung von Fremdheit und Gestaltungen des Fremden in der österreichischen Lyrik der 1920er und frühen 1930er Jahre auseinander. Beides war einerseits durch den Heimatdiskurs besetzt und wurde andererseits durch kritische Zeichnungen sowohl aus einer Innen- wie Außenperspektive in Frage gestellt bzw. gebrochen. So verknüpfen beispielsweise Th. Kramer und J. Haringer das bekannte, mitunter antimoderne, ambivalente sprachbildliche Arsenal des Dorfes, des ländlich-heimatlichen Raumes wiederholt mit Außenseiterfiguren, die ihn ebenso bewohnen und Rechte einfordern, z.B. mit umherziehenden Vagabunden, die zugleich eine weit über das Heimatliche weisende kulturelle und politische Semantik in Erinnerung rufen. Demgegenüber scheint bei G. Zernatto das Fremde ständisch-sozial grundiert zu sein, während W. Szabo die Irritation des zugewanderten Städters, das Dorf als existentielles Gefängnis ins Zentrum seiner Gedichte rückt.
Inhaltsverzeichnis
- Fremde Einheimische, einheimische Fremde
- Der Vagabund
- Der fremde Knecht
- Das fremde Dorf – der Städter
- Die fremde Stadt – der Dörfler
- Schlüsse
Von Daniela Strigl | überarbeitet im Oktober 20181
1. Fremde Einheimische, einheimische Fremde
In einem Essay über Paula Grogger und die alles beherrschende Heimatdichtung meint Robert Musilgeb. am 6.11.1880 in Klagenfurt – gest. am 15.4.1942 in Genf; Schriftsteller, Essayist, Wissenschaftler, Theaterkritik... 1926: „Wenige Eisenbahnstunden vor den Toren der Zivilisation fängt ein Land der kernigen Kuriosa an, das uns durch die Naivität der Versuche, es zum Vorbild zu machen, unverständlich geblieben ist; unsere heimischen Primitiven sind uns fremder als die der Südsee.“ (RM,8, 1171) Mit dieser Interpretation des zeitgenössischen Leitbegriffs der Fremdheit stellt Musil die eingebürgerte Sichtweise auf den Kopf: Fremd sind hier nicht die anderen, die Zugereisten, die Nicht-Eingesessenen, sondern gerade die, denen im kulturkämpferischen Diskurs die Erbpacht der Heimat zugesprochen wird: Die Bauern figurieren unter einem distanziert-ethnologischen Blick als „die heimischen Primitiven“, und sie sind für den Städter, der die von konservativer Seite behauptete Vorbildwirkung des bodenständigen Menschen nicht anerkennt und dessen Standpunkt hier wie selbstverständlich eingenommen wird, „fremder als die der Südsee“.
In der österreichischen Lyrik der zwanziger und dreißiger Jahre des 20. Jahrhunderts finden sich Vertreter einer neusachlich-realistischen Richtung, die Landmenschen und Landleben unter dem Signum des Fremden betrachten, obwohl ein Großteil ihrer Produktion auf die Sphäre des Dörflichen, des Ländlichen konzentriert ist und man sie dort, motivisch und thematisch, ‚zu Hause‘ wähnen könnte. Die Möglichkeit, das Dorf als fremd und zugleich vertraut zu zeigen, wird durch die archetypische Figur des Fremden eröffnet, der in dieser Lyrik eine ähnlich große Rolle spielt wie in der zeitgenössischen Prosa. Theodor Kramers erster Gedichtband hatte 1928 den durchaus programmatischen Titel Die Gaunerzinke: nach den Geheimzeichen der Landstreicher. In Kramers topographischer Hierarchie des Dorfes steht der Fremde am untersten Ende. Sein Blick von außen wird geradezu konstitutiv für die Totalität Dorf, in seinem offenkundigen Nichtdazugehören stärkt er das Kollektiv, das ihn als „fremd“ erkennt, worauf u.a. schon Fritz Rosenfeld hingewiesen hatte.
Im typischen Kramerschen Rollengedicht kommt er als der fremde Mann, dem sich die Frau hingibt, als hätte sie nur auf ihn gewartet; er kommt als Taglöhner, als Saisonarbeiter, als Hausierer, als Landstreicher, Soldat, Knecht. Nur wenn er weiterzieht, kann er sich als der Stärkere erweisen, nur dann sichert er sich im schlechtesten Falle eine schmerzliche Unabhängigkeit. Bleibt er, sieht er sich über kurz oder lang in die Defensive gedrängt von jenen, die ihm „Heimat“ voraushaben. Sein befremdeter Blick sieht das Dorf in einem anderen Licht als sie, ihm scheint es kalt und abweisend, auch dort, wo selbst die Ziegelbrenner, die ärmsten Dörfler, Wärme finden. Der Fremde bedeutet bei Kramer selten eine Bedrohung, vielmehr ist er selbst bedroht.
Eine Ausnahme bildet das Titelgedicht Die Gaunerzinke, in dem am Schluss die einschlägige Vagabunden-Zeichnung beschrieben wird, die dem nachfolgenden Kameraden das abweisende Verhalten der Bewohner signalisiert:
Hier, seht, hier bat – und bat nur stumm –
nach mir, Ihr Brüder, – eine Hand.
Und einer geht ums Haus herum
und einer setzt’s einst nachts in Brand.“(TK,I, 54, siehe auch „Gebrüder Beer I, 168)
Dass der NS-Ideologe Alfred Rosenberg diese Imago des Fremden als Brandstifter zum Anlass einer antisemitischen Invektive nahm, ist aus der Logik des kulturellen Lagerdenkens nur verständlich. Kramers Gedicht war 1927 im „Berliner Tageblatt“ als prämierte Einsendung eines Preisausschreibens veröffentlicht worden: „Wir kennen Herrn Theodor Kramergeb. am 1.1.1897 in Niederhollabrunn - gest. am 3.4.1958 in Wien; Lyriker Der Sohn eines aus Mähren stammenden jü... nicht. Aber eines wissen wir: die Einfühlung in die Ostjudenseele ist ihm gelungen. Denn was die marxistische Führerschaft tut, ist nichts anderes, als Gaunerzinken aufs deutsche Haus zeichnen. Anstecken tun’s dann die angeführten Massen.“2
2. Der Vagabund
Georg Simmel hat in seinem wegweisenden Essay Exkurs über den Fremden (ED 1908) gezeigt, wie in der Gestalt des Fremden das historische Beispiel der europäischen Juden – die Fremden als Händler – ebenso Platz hat wie von je her das Bild des Hetzers bei Aufständen. Für die Herrschenden ist der Fremde als „der objektive Mensch“, der „durch keinerlei Festgelegtheiten gebunden“ scheint, eine Gefahrenquelle, deren Bedeutsamkeit sie noch übertreiben. (GS,767) Die Verschmelzung der beiden Aspekte zum antisemitischen, antibolschewistischen Stereotyp trifft Theodor Kramers Absichten insofern nicht, als es ihm, dem jüdischen Sozialdemokraten, nicht um eine agitatorische Aufladung des Fremden zu tun war, sondern um eine individualisierte Sicht. Der Vagabund steht dabei zwar im Sinne Simmels als „der Freiere“ da, er nutzt diese Freiheit aber nicht zu politischem Handeln. – Er „übersieht die Verhältnisse vorurteilsloser, misst sie an allgemeineren, objektiveren Idealen und ist in seiner Aktion nicht durch Gewöhnung, Pietät, Antezedentien gebunden“, heißt es bei Simmel (GS, 767), doch die Aktion des Kramerschen Landstreichers hat bloß persönliche Rache zum Ziel, nicht allgemeine Befreiung.
Im antagonistischen Weltbild der Zwischenkriegszeit verkörpert der Vagabund als der Gegenspieler des Sesshaften den Fremden par excellence. Dies, obwohl der Fremde dem soziologischen Verständnis nach eigentlich nicht „der Wandernde, der heute kommt und morgen geht“, ist, sondern „der, der heute kommt und morgen bleibt“. (GS, 766) Nur als solcher setzt er Ferne und Nähe miteinander in Beziehung, nur als solcher gehört er der Gruppe zugleich an und steht ihr gegenüber. Kramer setzt in seiner lyrischen Praxis den Begriff der Heimat weiter an, als die Dorfgrenze dies vorgibt: Heimat ist bei ihm nicht das Privileg der Bauern, der „Verwurzelten“ (wie das zeitgenössische Epitheton hieß), sondern das gemeinsame Zuhause der Sesshaften und der Landstreicher, etwas, das sich nicht auf Hof und Grund reduzieren lässt. Aus den unterschiedlichen Formen des Heimathabens ergibt sich die Spannung, die zwischen Bauer und Stromer herrscht und die Kramer in dem Gedicht Vagabund so ausmisst:
[…]
Gewaltig wohnt der Bauer in der Stube
und über Brot und Wein reicht seine Hand.
Mit Rebenschlingen deck ich mir die Grube
Und friere fremd in seinem Ackerland.Wie viel es, Bauer, sind, die mich vertreiben;
An dir allein versteh ich Haß und Ruh.
Ich lieg, der Erbfeind, hier vor deinen Scheiben,
und liebe doch das Land so tief wie du.Wir sind ein alt Geschlecht, verbellt von Hunden,
verlogen, diebisch, zuchtlos, hungertoll.
Und stammt doch manches Lied von Vagabunden,
der Gnade hell und dunkler Erden voll.Vielleicht muß einer düngen, pflügen, graben
und ein Erhalter und Bewahrer sein,
an andrer aber nicht als Beine haben,
die rastlos fallen in ein Schreiten ein.
[…] (TK, I, 48)
Die Fronten scheinen hier klar abgesteckt: hier der Bauer, Herr über Brot und Wein, dort der Vagabund in seiner Grube. Doch dieser, der da „fremd“ friert, liebt das Land, durch das er streicht, genauso wie der, dem es gehört. Die Möglichkeit einer friedlichen Koexistenz deutet auch auf eine Funktionsteilung hin: Der eine bleibt, der andere geht.
Kramers Gedichte stehen in einer vagantischen Tradition, in der das Bild des Wanderers mit dem des Rebellen oft überblendet wird. Unter den Positionen des Linksradikalismus, deren enge Verflechtung Walter Fähnders und Martin Rector ausführlich dargestellt haben3, spielt der Anarchismus hier die Hauptrolle: Michail Bakunin und Pjotr Kropotkin avancieren zu poesiewürdigen Gestalten. Die vagantische Lyrik feiert nicht den disziplinierten Revolutionär, sondern den zunächst seine individuelle Freiheit im Auge habenden Empörer. Sie sympathisiert mit einem Lumpenproletariat ohne Klassenbewusstsein, das Marx zutiefst suspekt war. Die literarische Mode der Vagabondage, die schon um 1910 mit der Entdeckung von François Villon für den deutschen Sprachraum einsetzt, gewinnt nach dem Krieg an sozialer Relevanz.4
Im Gefolge der Arbeitslosigkeit nimmt die Zahl der Landstreicher zu, bis es schließlich 1931 allein im Deutschen Reich rund 300.000 Vagabunden gibt.
Das Vagabundengedicht gilt im literarischen Kontext der zwanziger Jahre als typisch „jüdisch“, was hier mit Rastlosigkeit und mit der Vorstellung des ewigen Juden Ahasver konnotiert ist. In einem Brief betont Theodor Kramer, daß seine Gedichte „bodenständig“ seien, aber einzelne und vor allem „einige Stücke in der ‚Gaunerzinke‘ sind jüdisch“.5
Neben dem frühen Brecht sind es vor allem expressionistische Dichter, die in der Vagantenpoesie Schule machen; die Österreicher Albert Ehrenstein und Hugo Sonnenschein („Sonka“), der Deutsche Paul Zech und der in Dresden geborene, im salzburgisch-bayrischen Grenzgebiet aufgewachsene und beheimatete Jakob Haringer, den man, wie auch Wulf Kirsten gemeint hat, stilistisch bestenfalls am Rande des Spätexpressionismus ansiedeln kann. Anklänge an Georg Trakl finden sich bei ihm allerdings ebenso wie im Kramerschen Frühwerk.
Haringer (1898-1948) verkörperte wie Sonka (Hugo Sonnenschein) selbst höchst glaubwürdig die unstete Existenz des Outcasts und betrieb in unzähligen Legenden und Flunkereien seine Stilisierung zum armen genialen Dichter. Friedemann Spicker hat ihn einen „Bettler im maßgeschneiderten Anzug“6 genannt. Jakob Haringer, der wie Brecht und Zech das Testament des François Villon nachgedichtet hat, gehörte in der zweiten Hälfte der zwanziger Jahre zu den prominenten Namen des deutschsprachigen Literaturbetriebs. Bereits 1922 hat Alphons Petzold den Band Die Kammer in einer Sammelbesprechung in der Wiener Zeitung als eine „der wertvollsten Neuerscheinungen der deutschen Lyrik“ begrüßt; 1925 erschien die erste Besprechung, und zwar des Bandes Weihnacht im Armenhaus in der Arbeiter-ZeitungGegr. 1889, verboten 1934, illegal 1934-1938, 1938 verboten, neugegr. 1945, eingestellt 1991 Aus: Arbeiter-Zeitung, 12...., verfasst von Otto Stoesslgeb. am 2.5.1875 in Wien – gest. am 15.9.1936 in Wien; Schriftsteller, Kritiker, Beamter Der älteste Sohn eines .... Haringer wurde zweimal für den Kleist-Preis nominiert, bei Gustav Kiepenheuer erschienen 1925 auf Fürsprache von Alfred Döblin die gesammelten Dichtungen, ein Jahr später publizierte er den Band Kind im grauen Haar (er war damals gerade 28!), 1928 und 1930 erschienen zwei Titel im renommierten Wiener Zsolnay-Verlag: Heimweh und Abschied, mit der Widmung „Den armen kleinen Mädchen, denen ich zu schlecht war!“ Der folgende Privatdruck Das Schnarchen Gottes war bereits Ausfluss einer auf die Spitze getriebenen Renitenz- und Fluchtexistenz: Haringer, wegen einiger Bagatelldelikte polizeilich gesucht, entzog sich dem Zugriff der Obrigkeit und reagierte mit wilden Beschimpfungen, die auch in seine Gedichte Eingang fanden. Zum provokanten Titel „Das Schnarchen Gottes“ fügt der Autor eine „Bemerkung für Justizbeflissene“ an: „Es ist hier der Gott Jupiter, genannt Mayer gemeint. Mithin ist er ein Privatgott Haringers. Bitte das zu beachten und keiner Verwechslung zum Opfer zu fallen.“ (JH, 198)
Dieser biographische Hintergrund des Privatkrieges gegen Gott, jedenfalls, sofern er „Mayer“ heißt, und die Welt ist für das Verständnis der Ende der zwanziger Jahre entstandenen Gedichte Haringers nützlich, in denen es weniger um die Fremdheit des Vaganten im Dorf geht (aus vielen Stücken spricht durchaus eine heimatliche Verbundenheit mit der ländlichen Umgebung Salzburgs) als um die elementare Fremdheit des Außenseiters im Staat. In dem Gedicht Moses und Haringer trösten das Volk rekurriert das Ich zunächst noch auf die sprichwörtliche Feindschaft zwischen den Vagabunden und den Hunden, die als Stellvertreter der Bürger fungieren:
„Der Wein da und ich – freun uns aneinand wie Vater und Kind.
Ei was wir zwei für so arg feine Kerle sind.
Daß Hunde uns anbellen, weil wir halt nicht Würste im Sack.
Ist doch eine alte Geschichte, was kümmert uns viel dies Gegack.
Mit eurer Moral, eurer Kultur könnt ihr keinen Pforz mehr rauslocken –
O kleine Mörder wir alle … zu was blöd in den Kirchen hocken!“(JH, 43)
Das Unglück des Dichters wird hier, da es sich um ein Trostgedicht handelt, am Schluß gemildert durch eine sprichwörtliche biblische Weisheit, die sich freilich, wenn auch in einer falschen Übersetzung, auf den Reichen bezieht, der er nie sein wird: „Muß doch noch warten auf das Kamel, das mich mal durchs Nadelöhr führt.“
Das Kreisen des lyrischen Ich um sein Leiden und die Ungerechtigkeit der bürgerlichen Ordnung verrät eine im Kern romantische Weltsicht. Im Gegensatz zu Kramers am Sozialen interessierter Rollendichtung bringt Haringer das Ich des Dichters und das Ich des Gedichts jeweils ostentativ zur Deckung. Trotz allen lästerlichen Reden geht es um die Herstellung eines direkten Drahtes zum lieben Gott, der als Bundesgenosse angerufen wird, etwa in Gebet: „O lieber Gott! du wirst mich schon beschützen/Vor Polizisten, Freunden, Schuftenpack –/Vor allem, was da Amt und Würden, Litzen,/Du Guter kaufst ja nicht die Katz im Sack!“ (JH, 29). Im Ton weniger vulgär sprechen auch die frühen Gedichte von einer kindlichen Sehnsucht und einem kindlichen Trotz – eine „Mixtur aus Verlaine und Infantilismus“ hat Theodor W. Adorno Haringers Werk genannt.7 Das Fremdsein ist diesem Dichter in Fleisch und Blut übergegangen, ein Fremdsein, das nichts mit seiner Herkunft und nichts mit seinem Vazieren zu tun hat. Das Gedicht „Schwermut“ veröffentlichte er 1924, im Alter von 26 Jahren:
„Ich bin ein Fremdling, einst war ich ein Dichter.
Ich bin der letzte Morgengast der müden Hur.
Ich bin die Wand, die alles hört und nichts sagt.
Ich bin ein Licht, das die Nacht über beim Sterbenden brennt.[…]
Ich bin das traurig in der Zelle gepfiffne lustige Lied.“(JH 5)
3. Der fremde Knecht
Das Gegensatzpaar Gefängnis – Freiheit konterkariert auch bei Theodor Kramer das Verhältnis von Heimat und Fremdsein. Ihn interessiert weniger der klischeehaft verfestigte Widerspruch als der Rollentausch, nach dem es beide, Ansässige und fahrendes Volk, gelüstet, die Sehnsucht nach der jeweils anderen Lebensform, das zeitweilige Sich-Einspannen-Lassen des Ungebundenen, der Aufbruch ins Ungewisse, das plötzliche Auf- und- davon-Gehen, manchmal auch ins Nichts. Wandernde sind nicht nur die Vagabunden, sondern auch die im ländlichen Raum Arbeitenden, die keinen eigenen Grund besitzen: Taglöhner und Hausierer, aber auch Knechte und Mägde, Handwerker und Erntehelfer „Auf Stör“, wie ein Gedicht Kramers heißt, das einen Grenz-Gänger zwischen Bauerntum und Wanderschaft porträtiert, der bald wo beim Mähen und beim Roden hilft, bald Werkzeuge repariert und Schnaps brennt:
Und Gesind und Bauer hocken enger,
preisen mein Geschick beim Probeglas.
Aber meines Bleibens ist nicht länger
als der Wurzel in dem Flammenfraß. (TK, I, 43)
Die Besitzlosen, die ihr Glück immer wieder anderswo versuchen, spielen auch im lyrischen Werk eines Autors eine wichtige Rolle, der wegen seines Einstiegs in die Politik als Faschist abgestempelt ist: Der gebürtige Kärntner Guido Zernatto (1903-1943) wurde 1936 von Bundeskanzler Schuschnigg zum Generalsekretär der Vaterländischen Front im Rang eines Staatssekretärs ernannt, 1938 zum Minister. Aus den späten zwanziger Jahren stammt sein Gedicht „Verluderte Wirtschaft“, in dem ein Knecht die Gründe darlegt, die ihn zum Verlassen seines Brotherrn bewegen:
Die Bäurin kocht schlecht und das Brot schmeckt wie Lehm,
Der Bauer sauft Schnaps und schläft lang;
Die Tochter ist nie in der Kammer allein,
die Felder sind gal und der gelbliche Brein
steht heut noch erfroren am Hang.
Vom Bauernstand als einem moralischen Vorbild für die Gesellschaft, wie christlich-soziale und nationalsozialistische Ideologie ihn gezeichnet haben, ist hier nichts zu merken. Zernattos Sympathie gilt dem Knecht, der weiterzieht:
Ich weiß nicht wohin ich den Schritt richten soll,
Wo mir Krippe und Roßknechtbett stehn… (GZ, 15)8
Auch bei Guido Zernattogeb. am 21.6.1903 in Treffen (Kärnten) – gest. am 8.2.1943 in New York; Schriftsteller, Politiker, Exilant Der Sohn ... ist die Fremdheit häufig sozial bzw. ständisch definiert und nicht nach nationaler, völkischer oder rassischer Herkunft. Der Bauer als der Herr über Grund und Boden ist stets das Gegenbild. Oder, wie Georg Simmel es umreißt: „Der Fremde ist eben seiner Natur nach kein Bodenbesitzer, wobei Boden nicht nur in dem physischen Sinne verstanden wird, sondern auch in dem übertragenen einer Lebenssubstanz“. (GS. 766) In die Rollen derer, denen es an dieser Lebenssubstanz gebricht, der Männer wie besonders der Frauen, schlüpft auch der politisch rechts stehende Zernatto, der seinem ersten Gedichtband – er erscheint 1930 bei Wolfgang Jeß in Dresden – den programmatisch christlichen Titel Gelobt sei alle Kreatur gegeben hat. Brief einer Schwangeren, Bitte einer gekündigten Magd an den Bauer oder Der ledige Kindsvater heißen einschlägige Gedichte, die im Zeichen des Mitleids den Konsens einer harmlosen Heimatliteratur aufkündigen.
Der Fremde im engeren Sinne, der Jude, der Reisende fremder Zunge, kommt in Zernattos Lyrik nicht vor. Kramers Panorama ist hier weiter, seine slowakischen Ziegelbrenner und Schnitter, die ökonomisch wichtigen, als rückständig geltenden „Gastarbeiter“ der Monarchie wie der Ersten Republik, sind ihm Exempel eines extrem unterprivilegierten Fremdseins, denen als letztes Residuum von Heimat nur ihr Gesang bleibt. In dem bekannten Gedicht Der böhmische Knecht aus dem Jahr 1927 leiht Kramer seine Stimme einem, der im Sinne Georg Simmels fremd ist, der zur Gruppe gehört als der „potentiell Wandernde, der, obgleich er nicht weitergezogen ist, die Gelöstheit des Kommens und Gehens nicht ganz überwunden hat“. (GS, 764)
„Mit der Rotte hab ich Korn geschnitten
und mich so von Gut zu Gut getrieben;
Sense hat mich in den Fuß geschnitten
und – geheilt – bin ich im Land geblieben.
Vielen Bauern hab ich Roß und Kühe
abgewirtet und das Holz gebunden;
und ich hab mich nur für meine Mühe
Neu gewandet jedes Jahr gefunden.Immer hat im Wirtshaus sich beim Zechen
der gemuckt, der mir mein Bier nicht gönnte
und ein andrer hat mir vorgerechnet,
was ich am Tabak ersparen könnte.
Doch der Rausch ist mir mein Recht gewesen
und der Pfeifenrauch die eigne Hütte;
sehr entbehr ich beides, seit ich Besen
binden muß und schon den Napf verschütte.Meine Lungen sind belegt und heiser,
niemand wird mich also freundlich pflegen
wie sie hierzuland die Paradeiser
zwischen Doppelfenstern reifen legen.
Drum im Sonntagsstaat bei voller Flasche
laß ich wiederum die Pfeife qualmen,
weiß die Rebschnur in der Außentasche
und ein Holzkreuz vor den Schachtelhalmen.“(TK,I, 163)
Die Rechte dieses Fremden, der zum Dorf gehört und doch nicht gehört, sind bescheiden und werden ihm dennoch missgönnt. Als selbst das Minimum an Lebensglück bedroht ist, zieht er die Konsequenzen, in einem letzten Akt der Würde, die an das Eigene (der Rauch als Hütte) geknüpft ist. Guido Zernatto, der von Kramer stark beeinflusst war, hat mit dem Gedicht Die Magd wacht in der Nacht bei einem kranken Schwein ein Echo auf diesen Text verfasst.
4. Das fremde Dorf – der Städter
Im Vergleich zum Fremden in dienender Stellung erscheint der Städter im Dorf, der zugereiste Lehrer, als privilegiert. Die Gedichte Wilhelm Szabos, geschrieben in den Zwanzigern, veröffentlicht 1933 in dem Band Das fremde Dorf, berichten dennoch von einer existentiellen Not: Szabo (1901-1986), als Findelkind von einer Ziehmutter im Waldviertel aufgezogen, in St. Pölten zum Lehrer ausgebildet, in Wien heimisch geworden, unterrichtete von 1921 bis 1931 an den Volksschulen kleiner Dörfer im Waldviertler Grenzgebiet. Wie Jakob Haringer ganz auf das eigene Ich beschränkt, erlebte er das Leben unter Bauern als eine Verbannung: „Ich war nicht ihrer Art./Ich schneite so herein./Ich hockte ausgespart/bei meinem Brot und Wein.“9 (Siehe dazu eine Rezension in der Zs. Bildungsarbeit)
Ganz im Gegensatz zur herrschenden Ideologie der Heimattümler wird der Natur jede Heilkraft abgesprochen, erscheint das Dorf ausschließlich als „Gefängnis“ und die Stadt als Sehnsuchtsort, erscheinen die Bauern als stumpfsinnig und moralisch verkommen. Auch in der Ablehnung bleibt das Ich auf das Dorf fixiert, das sich seiner bemächtigt und zugleich wie eine Projektion wirkt; die Grenze zwischen innen und außen verschwimmt – etwa in Dorfseele:
Ach, meine Seele wird ein Dorf,
Feindselig, heuchlerisch,
Und kehrt betrunken täglich heim
Nach Mitternacht vom Bauerntisch.Verdammt das Amt, das mich hier hält
Gefangen sieben Jahre lang!
Vergebens hoff ich, daß der Wald zerfällt,
Vergebens wart ich auf der Dörfer Untergang.[…]
Mein Traum ist wirres Strauchgestrüpp,
Mein Schlaf zerrissen und behext.
Denn meine Seele wird ein Dorf,
Das Moor und Dorn verwächst.“(WS, 18)
Wilhelm Szabos Absage an das Versprechen rustikaler Geborgenheit liegt nicht bloß ein soziales, sondern ein ontologisches Fremdsein zugrunde (das als das Unheimliche auch bei Zernatto auftritt, etwa in dem Gedicht Die Sonnenuhr). „Vor taubem Walde, einsamer Mann, /Horch, wie sich Fremde bereitet im Laub“, beginnt das konventioneller angelegte Gedicht „Der Fremde“. (WS, 30) Szabo, nach heutigen Begriffen ein Linkskatholik, Mitglied der Vaterländischen Front, von den Nazis aus dem Schuldienst entlassen, verstand seinen Standpunkt aber durchaus auch als oppositionell gegenüber aller völkisch-nationalen Heimatdichtung, wie er in dem Gedicht „Erkenntnis“ formuliert:
Wer seinen Vers auf die Erde gestellt,
ihn hegt sie treu und lind.
Dem Trunkenen schenkt sie Gesänge, Weib und Kind.
Des Fremdlings Worte aber streut sie in den Wind,
zu unteren Himmeln hinab. (WS, 32)
5. Die fremde Stadt – der Dörfler
Guido Zernatto hat dagegen, nicht erst in seinem zweiten, im völkischen Staackmann-Verlag publizierten Band Die Sonnenuhr (1933), sehr wohl auch das Bild des bäuerlichen Haushalts als einer Keimzelle des christlichen Staates gepflegt und einen nichtkapitalistischen Besitzerstolz beschworen:
Am Mais, am Roggen, am Kleefeld vorbei
und immer auf eigenem Grund!
Und fällt mir auch einstens der Pflug aus der Hand:
Mein Nachfahr wird ackern und geh’n übers Land
als Herr auf dem eigenen Grund.(ZS, 25)
Ist hier der Boden einfach Boden, so wird er bei Zernatto gelegentlich auch zu Blut bzw. umgekehrt: In dem Gedicht „Das Letzte“ hat sich der Leib des Großvaters in Erde verwandelt: „Und was mir als Ernte im Stadel dort ruht/Ist heilig. Ist väterlich Fleisch und ist Blut/Und mein Eigenes wird es dereinst.“ (ZS, 31) Wenn die Sprache der Eucharistie einer chthonischen Gläubigkeit einverleibt wird, wenn die natürliche Fruchtfolge als Blutkreislauf erscheint, in den auch der menschliche Körper einmündet, dann ist die heidnisch-mythische Bilderwelt eines Richard Billinger oder Johannes Lindner nicht weit, die mit den völkischen Vorstellungen von Blut und Boden harmoniert.
So ist es durchaus folgerichtig, dass Zernatto dem antiurbanen Affekt der Zeit (dem Kramer nirgends nachgab) 1934 mit dem literarisch unbedeutenden, in der zeitgenössischen Kritik kaum wahrgenommenen Roman Sinnlose Stadt Tribut zollte: Ein Bauernsohn erkennt, dass sein Platz nicht in der Stadt, sondern auf der Scholle, nahe der Natur ist und kehrt heim. Zernatto selbst folgt seinem Beispiel nicht, er macht in Wien Karriere. Er schreibt aber auch schlicht überzeugende Heimwehgedichte, die ohne ideologische Spitze auskommen, zum Beispiel den Liebesbrief an ein Pferd10:
Ich bin, mein lieber Schimmel,
In einer großen Stadt.
Von jenem blauen Himmel,
Der uns geleuchtet hat
Auf vielen, vielen Ritten,
Ist hier kein Fleck zu sehn.
Und es ist niemals Erde,
Worauf die Menschen gehn.Sie gehn auf harten Steinen
Und gehen auf Asphalt.
Ich möchte manchmal weinen
Nach Wiese, Acker, Wald.
Ich möchte wieder einmal
Mit dir im Freien sein
Und über die Wiesen traben
Bis in den Abend hinein.
[…](ZS, 60)
6. Schlüsse
Eine Reihe österreichischer Lyriker der zwanziger Jahre verdient eine neue, differenzierte Beurteilung. Die Rezeption von Theodor Kramers Erstling 1928/29 ist typisch für die Aufnahme dieser realistisch-neusachlichen Poeten durch eine breitere literarische Öffentlichkeit – Ernst Lissauer meinte damals: „All dies mundet wie Schwarzbrot und Rettig, herb und schwer auf all das lauliche, unbestimmte Zeug, das vielfach wieder als Lyrik ausgeboten wird. Gerade die österreichische Lyrik droht zur Zeit in grimassierender Künstlichkeit oder weichlichem Epigonentum zu erstarren.“11 Die bemühte Äquidistanz zum Expressionismus (trotz manchen Trakl-Tönen) wie zur epigonalen Rilke-Nachfolge, aber auch zu Blut-und-Boden verrät noch nichts über die politische Orientierung der einzelnen Autoren.
Wendelin Schmidt-Dengler hat in seinem Aufsatz „Gedicht und Veränderung“ (1981) zurecht darauf hingewiesen, dass unser Blick aus der Distanz die Gedichte jener Zeit in eine ungebührliche und vergröbernde Nähe rückt12. (Gleichwohl hat er selbst ein vorschnelles Urteil im Einzelfall – etwa über Kramers Beharrungsdrang – nicht immer vermieden.) Umgekehrt aber weist die literarhistorische Betrachtung manchen Autoren einen Abstand voneinander, eine grundlegende Differenz zu, die ihrem Werk bei näherer Prüfung nicht eingeschrieben ist. Anhand der ineinander verschränkten Motive und Themen erweist sich, dass die Scheidung in reaktionäre „Heimatdichtung“ und fortschrittlich-urbane Literatur, die die wissenschaftliche Rezeption gleichsam mit umgekehrten Vorzeichen aus der polarisierten Debatte der Zwischenkriegszeit und der Wertung der Nationalsozialisten übernommen hat, so sauber nicht durchzuführen ist. Hier könnten auch Randfiguren wie Walter Sachs, Ernst Waldingergeb. am 16.10.1896 in Wien – gest. am 1.2.1970 in New York; Schriftsteller (Lyriker), Essayist, Exilant Aus: Tagblatt..., Heinrich Suso-Waldeck neu beleuchtet werden, ja sogar die „Fälle“ Waggerl und Billinger. Dabei sollte man nicht übersehen, daß zwischen einzelnen Autoren allen politischen Gegensätzen zum Trotz persönliche Beziehungen bestanden: Kramer und Zernatto waren eng befreundet (genauso Weinheber und Waldinger, Otto Basil).
Charakteristisch für die Komplexität des Problems ist das Beispiel der Dresdner Zeitschrift „Die Kolonne“, deren großes Preisausschreiben Guido Zernatto 1930 gewann und in der die österreichische Lyrik tonangebend wurde. Herausgeber und Juroren – darunter Hermann Kasack und Günter Eich – verstanden die Literaturauffassung der „Kolonne“ nicht nur als betont unpolitisch, sie distanzierten sich auch von der Mode der Neuer Sachlichkeit ebenso wie von der der Provinzdichtung. Das hinderte sie aber nicht, Autoren wie Zernatto und Kramer zu ihren Mitarbeitern zu zählen, die politisch prononciert waren (allerdings an entgegengesetzten Polen) und auch ihre Nähe zur Neuen Sachlichkeit nicht verleugnen konnten. Genauso wenig wollte man auf Gedichte von Karl-Heinrich Waggerl, Richard Billinger und Johannes Lindner verzichten, die, wie Zernatto, vom Heimatboom nicht loszulösen waren.
Im Konvergenzfeld Heimat und Fremde finden sich antimoderne Reflexe sehr wohl auch bei linken Autoren, die das erfüllen, was Ernst Bloch von der Linken verlangt hat, nämlich Emotionen anzusprechen und den Komplex „Heimat“ nicht kampflos der Rechten zu überlassen13. Die „Ungleichzeitigkeit“ der Provinz steht bei Kramer, Zernatto, Haringer und Szabo im Zentrum der Wahrnehmung, mag sie auch unterschiedlich bewertet werden14. Das Festhalten am Althergebrachten in formaler Hinsicht (Strophe, Reim, Bildlichkeit) – Schmidt-Dengler hat hierin sogar eine symbolische Entsprechung zum Ständestaat gesehen15 – kann man mit Bloch auch als legitim anerkennen: „Die älteren Wege und Formen werden nicht ungestraft vernachlässigt […] Die alten Formen helfen zum Teil, wenn richtig eingesetzt, am Neuen mit.“16 So betrachtet, könnte das Profil einer volkstümlichen Dichtung erkennbar werden, die keine „deutschtümelnde“ sein wollte.
Robert Musil sah die zeitgenössische Kritik durch die „Weltanschauungswucherungen“ der Literatur überfordert. Man verdanke der „grobe[n] und außerkünstlerische[n] Gruppierung“ jedoch die Einsicht in die Bedeutung der Ideologie für die Dichtung. Vom Sog des Dualismus fühlt auch Musil sich erfasst: „Man wird nicht übersehen haben, dass in dieser Überlegung zu einem groben ‚Entweder-oder’ auseinandergelegt wurde, was eine verwickelte Frage des Ineinander ist. Ein solcher Schnitt durch ein Problem ist immer ungerecht.“17
Ein Epochenprofil ist in allen Schattierungen wohl nur zu gewinnen, wenn verwickelte Fragen verwickelt bleiben, wenn Nähe und Distanz der Betrachtung sich wechselseitig bedingen.18
Siglenverzeichnis
- ED: Erstdruck
- GS: Georg Simmel: Exkurs über den Fremden. In: Soziologie. Untersuchungen über die Formen der Vergesellschaftung. Berlin: Duncker & Humblot Verlag 1908; nun in: Ders.: Gesamtausgabe. Hg. von Otheim Rammstedt. Frankfurt/M: Suhrkamp 1992, Bd. 11, S. 764-771;
- GZ: Guido Zernatto: Gelobt sei alle Kreatur. Gedichte. Dresden: Wolfgang Jeß Verlag 1930.
- JH: Jakob Haringer: Aber des Herzens verbrannte Mühle tröstet ein Vers. Ausgewählte Lyrik, Prosa und Briefe. Hg. von Hildemar Holl. Mit einem Nachwort von Wulf Kirsten. Salzburg-Wien: Residenz 1988.
- RM: Robert Musil: Eine neue Dichterin. In: R. Musil: Gesammelte Werke. Hg. Von Adolf Frisé. Reinbek bei Hamburg 1976, Bd. 8: Essays und Reden, S. 1170-1173.
- TK: Theodor Kramer: Gesammelte Gedichte. Hg. Von Erwin Chvojka. Wien-München-Zürich: Europaverlag 1984. Bd.1.
- WS: Wilhelm Szabo: Gedichte 1930-1980. Lob des Dunkels. St. Pölten-Wien: Niederösterreichisches Pressehaus 1981.
- ZS: Guido Zernatto: Die Sonnenuhr. Gedichte. Leipzig: Staackmann 1933.
- Erstdruck in: Primus-Heinz Kucher (Hg.): Literatur und Kultur im Österreich der Zwanziger Jahre. Vorschläge zu einem transdisziplinären Epochenprofil. Bielefeld: Aisthesis 2007, S. 179-194. Für diese Fassung wurde der Text nochmals durchgesehen und für das Online-Format bearbeitet. ↩
- Zit. nach: Theodor Kramer 1897-1958. Dichter im Exil. Aufsätze und Dokumente. Hg. von Konstantin Kaiser. Wien: Dokumentationsstelle für neuere österreichische Literatur 1983 (= Zirkular Sondernr. 4) S. 92. ↩
- Walter Fähnders, Martin Rector: Linksradikalismus und Literatur. Untersuchungen zur Geschichte der sozialistischen Literatur in der Weimarer Republik. Reinbek-Hamburg: Rowohlt 1974, Bd.1, S. 110. Neuerdings auch ders.: Zwischen Vagabondage und Avantgarde: Hugo Sonnenschein, Emil Szittya und andere. In: Primus-Heinz Kucher (Hg.): Verdrängte Moderne – vergessene Avantgarde. Göttingen: V&R unipress 2016, S. 219-234, mit Bezugnahme auch auf Kramers Gedicht Vagabund ebd. S. 234. ↩
- Zur Repopularisierung von Villon hat u.a. die von Leo Lenz (1878-1962) verfasste ‚romantische Komödie‘ François Villon (1909) beigetragen, die 1910-13 mehrfach auf österreichischen Bühnen (u.a. in Graz und Wien) erfolgreich aufgeführt wurde. 1919 legte dann Klabund seinen Villon vor: Der himmlische Vagant. Ein lyrisches Porträt, im selben Jahr erschien auch die Oper François Villon von Albert Noelte (1885-1946) in der Wiener Universal Edition. Anfang-Mitte der 1920er Jahre wurden ferner wiederholt im Zuge symphonischer Veranstaltungen, u.a. im Musikvereinssaal, auch die Trois Ballades von Villon in der Vertonung von Debussy aufgeführt. ↩
- Zit. nach: Irm Sulzbacher: Der Briefwechsel zwischen den Dichtern Theodor Kramer und Michael Guttenbrunner (1951-1958) Diss. phil. Maschinschr. Wien 1984 sowie Daniela Strigl: „Wo niemand zuhaus ist, dort bin ich zuhaus“: Theodor Kramer – Heimatdichter und Sozialdemokrat zwischen den Fronten. Wien-Köln-Weimar: Böhlau 1993, S. 183. ↩
- Zit. nach: Wulf Kirsten über Jakob Haringer. In:, JH, S. 164-190, hier S. 177. ↩
- Vgl. Theodor W. Adorno: Haringer und Schönberg. In: Ders.: Musikalische Schriften, V; = GW Bd. 18, Frankfurt/M.: Suhrkamp 1984, S. 427. ↩
- Dazu vgl. Daniela Strigl: Guido Zernatto (1903-1943). In: Literatur und Kritik 375/376, Juli 2003, S. 95-110. ↩
- Zit. nach Wilhelm Szabo: Gedichte 1930-1980. Lob des Dunkels. St. Pölten-Wien: Niederösterreichisches Pressehaus 1981, S. 16; künftig zit. mit Sigle WS. ↩
- zuvor schon in: Die Kolonne, 1/1931, S. 11. ↩
- Zit. in: Theodor Kramer 1897-1958. Dichter im Exil., S. 89. ↩
- Wendelin Schmidt Dengler: Gedicht und Veränderung. Zur österreichischen Lyrik der Zwischenkriegszeit. In: W. Schmidt-Dengler (Hg.): Formen der Lyrik in der österreichischen Gegenwartsliteratur. Wien: ÖBV 1981, S. 14-30; = Schriften des Instituts für Österreichkunde Bd. 39. ↩
- Ernst Bloch: Erbschaft dieser Zeit. Frankfurt/M.: Suhrkamp 1962, S. 146f. ↩
- Vgl. Karl-Markus Gauß: Natur, Provinz, Ungleichzeitigkeit. Theodor Kramer und einige Stereotypien der Literaturwissenschaft. In: K. Kaiser (Hg.): Theodor Kramer 1897-1958; S. 14-25, bes. S. 17 sowie D. Strigl: Theodor Kramer; S. 74. ↩
- W. Schmidt-Dengler: Gedicht und Veränderung; S. 18f. Dazu auch D. Strigl: Theodor Kramer; S. 33. ↩
- E. Bloch: Erbschaft; S. 146. ↩
- Robert Musil: Vom Impressionismus zur Heimatkunst. In: R. Musil: Gesammelte Werke. Bd. 8, S. 1177-1180; hier S. 1180. ↩
- In der neuen, repräsentativen Literaturgeschichte von Helmut Kiesel: Geschichte der deutschsprachigen Literatur 1918-1933. München: Beck 2017, S. 722f, wird Kramer erstmals rehabilitiert und sein Band Die Gaunerzinke (mit Bezugnahme auf Lissauer u.a.) in ihrem „eigenständigen, Modernität und Traditionalität miteinander verbindenden Ton“ einlässlich gewürdigt. ↩