Bund der proletarisch-revolutionären Schriftsteller Österreichs

In der Frühphase der KPÖ nach 1918-19 formierte sich zunächst weniger um die ehemaligen Mitglieder der Roten Garde wie z.B. Egon E. Kisch und Franz Werfel, sondern vor allem rund um die aus Ungarn 1919-20 geflohenen Béla Illés, Sándor Barta, Andor Gábor und Aladár Komját die proletarische Literatur in Österreich. Sie veröffentlichten zwischen 1922 und 1924 in Wien und Berlin die Zeitschrift Egység (Einheit). Nach der Erstveröffentlichung von Lenins Aufsatz Parteiorganisation und Parteiliteratur in Wien (1924) und der Gründung des Verlages für Literatur und Politik durch Johannes Wertheim im selben Jahr verstärkte Die Rote Fahne wie bereits seit 1919 die Berliner Rote Fahne in Abgrenzung zum Bund für proletarische Kultur sowie in kritischer Distanz zur Proletkult-Bewegung ihre Bemühungen zur Integration der Arbeiterkorrespondenz. Neben ausländischen Autoren publizierten bereits u.a. Ernst Fabri, Peter Schnur, Hans Maier, Karl Neugebauer und Franz Janiczek regelmäßig im Feuilleton des Blattes. Nach der Gründung des deutschen Bundes der proletarisch-revolutionären Schriftsteller (BPRS) in Berlin am 19.10.1928, an dem auch SchriftstellerInnen aus Österreich bzw. aus dem ehemaligen k.k.-Raum mitwirkten wie z.B. Maria Leitner, Theodor Balk, F. C. Weiskopf oder Hermynia Zur Mühlen, wurde eine Ortsgruppe Wien eingerichtet, die 1929 sechzehn Mitglieder zählte. Am 9.2.1930 konstituierte sich in Anwesenheit von 47 Personen der BPRSÖ in Wien. Fabri wurde zum Vorsitzenden gewählt, die Berliner Linkskurve zum Zentralorgan erklärt.

Zs. Der Durchbruch, Cover

Im November 1930 nahmen Fabri, Maier, Janiczek und Lili Körber am Kongress der Internationalen Vereinigung Revolutionärer Schriftsteller (IVRS) in Charkow teil. Trotz der durch Fabri verbesserten Kontakte ins Ausland scheiterten Pläne wie die Einrichtung eines Verlages, der Herausgabe einer Sammlung proletarisch-revolutionärer Erzählungen und Gedichte oder die Veröffentlichung eines Romans Peter Schnurs. Die eigene Zeitschrift Der Durchbruch erlebte Ende August 1932 eine einzige Ausgabe. Die Rote Fahne sowie 1932/33 die Illustrierte Rote Woche blieben die maßgeblichen Publikationsorte, als wirksames Instrument zur Ausbildung der Arbeiterkorrespondenten dienten zudem von Fabri, Andor Gábor, Karl Molnar und Alexander Vajda gehaltene Kurse, Vortragsabende und Versammlungen. 1931 verhinderte ein Einreiseverbot einen Russland-Vortrag des deutschen BPRS-Funktionärs, Kritikers und Romanautors Ludwig Renn. Neben der Erziehung der Arbeiterkorrespondenten zu gesinnungstreuen Schriftstellern zählte offenes politisches Engagement zu den Betätigungsfeldern des BPRS. Ab 1931 stützte der BPRSÖ die kommunistische Spieltruppenbewegung. Nach Fabris Schritt in die Emigration 1932 übernahmen Maurice Oskar Acht und zuletzt Johannes Wertheim die Leitung des BPRS, der aufgrund der fehlenden offiziellen Verbindung zur KPÖ nach deren Verbot 1933 weiterexistierte, allerdings ohne tatsächliche Grundlage. Neben der Ausreise weiterer Protagonisten – etwa Fritz Jensens oder Otto Hellers – kündigte vor allem das Verbot der Roten Fahne im Juli 1933 die formellen Auflösung des Bundes am 7.3.1934 bereits an. Bemühungen der Emigrierten sowie der in Wien Verbliebenen zur Fortführung blieben ergebnislos.

Mitglieder (insgesamt ca. 80) u. a.: Paul Antl, Lajos Barta (Ps. Erich Barlud), Josef Barski (Ps.: Josef Beiser), Fritz Bartl, Karl Fink, Ernst Franta (Ps.: Erta), Erich Freudmann, Franz Genser (Ps.: Franz Hart), Fritz Glaubauf, Erich Grosser, Karl Groyer, Karl Gug(g)erell, Franz Hattinger, Julius Haydu, Franz Hladik, Stefan Hochrainer, Lili Körber, Maximilian Lazarowitsch, Karl Ledwina, Stefan und Hedwig Milde, Franz Millik, Friedrich Minich (Ps.: Frimin), Franziska und Robert Novotny (Ps.: Ronow), Ulrike Prochazka, Ernst Rindl (Ps.: Marin), Hugo Rosenberg, Karl Sacher, Walter Schläger, Peter Schnur, Otto Stegmüller, Maria Szucsich, Alexander Vajda, Leo Weiden, Hilde Wertheim, Otto Wolfgang, Eduard Zronek, Erwin Zucker-Schilling


Quellen und Dokumente

Satzungen des Vereines „Bund der proletarisch-revolutionären Schriftsteller Österreichs“. Abgedruckt bei Musger 1977, 298-302, Ernst Fabri: [An das] Internationale Büro für revolutionäre Literatur. Moskau [Brief, 30.1.1930] [digitalisiert, S. 345-347], E. F.: Über die Arbeit der österreichischen Sektion der IVRS. In: Internationale Literatur 3 (1933), H. 1, S. 144f. Abgedruckt bei Musger 1977, 291-294, N.N.: Bericht über die Tätigkeit des Bundes proletarisch-revolutionärer Schriftsteller im Jahre 1929 [1930]. In: Zur Tradition der deutschen sozialistischen Literatur. Eine Auswahl von Dokumenten. Bd. 1: 1926-1935, 180-194 (1979), Bund proletarisch-revolutionärer Schriftsteller Österreichs. In: Die Linkskurve 3 (1930), S. 29.

Berichte in Die Rote Fahne: Was wollen die proletarisch-revolutionären Schriftsteller? In: Die Rote Fahne, 9.2.1930, S. 8, Béla Illés: Vor dem Plenum der internationalen revolutionären Schriftsteller. In: Die Rote Fahne, 21.9.1930, S. 6, N.N.: Die proletarisch-revolutionären Schriftsteller als rote Wahlhelfer für die kommunistische Partei. In: Die Rote Fahne, 10.10.1930, S. 3, N.N.: Durch internationale Solidarität ein Opfer dem weißen Terror entrissen. Genosse Kerechki enthaftet! In: Die Rote Fahne, 10.10.1930, S. 3, Hans Maier: Unsere Reise ins Land der Towarischi. In: Die Rote Fahne, 28.12.1930, S. 5, Trude Richter: War arbeitet der Bund proletarisch-revolutionärer Schriftsteller? In: Die Rote Fahne [Berlin], 25.6.1932, S. 6, N.N.: Ein Brief Stefan Zweigs über die Kriegsgefahr. Und die Antwort der proletarisch-revolutionären Schriftsteller. In: Die Rote Fahne, 17.7.1932, S. 8f., N.N.: Arbeiterschriftsteller erzählen. In: Die Rote Fahne, 5.10.1932, S. 7, N.N.: Eine Tat der proletarisch-revolutionären Literatur. Der Sammelband „30 neue Erzähler des neuen Deutschlands“. In: Die Rote Fahne, 9.12.1932, S. 7.

Literatur

Martin Erian: Proletarisch-revolutionäre Literatur in Österreich 1918-1934 (2016).

Herbert Exenberger: Österreichische Arbeiterliteratur und ihre Schriftsteller. In: Harald Troch (Hg.): Wissen ist Macht! Zur Geschichte sozialdemokratischer Bildungsarbeit, 165-175 (1997), Gerald Musger: Der “Bund der proletarisch-revolutionären Schriftsteller Österreichs” (1930 – 1934). Eine Dokumentation. Phil. Diss. (1977), N.N.: Bund der proletarisch-revolutionären Schriftsteller Österreichs (BPRSÖ), Alexander Vajda: Proletarisch-revolutionäre Schriftsteller Österreichs. In: Weg und Ziel 30 (1970), H. 7/8, 46-48.

(ME)