Der Merker

Österreichische Zeitung für Musik und Theater (1909-1922)

Kultur- und Musikzeitschrift, die 1909 begründet wurde, deren erste Nr. am 10.10.1909 erschien u. sich der „entschieden fortschrittlichen Richtung“, so das Geleitwort, zugehörig sah. Erster Chefredakteur war Richard Specht, gemeinsam mit Richard Batka; im Mitarbeiterkreis von Beginn an dabei waren einerseits wichtige Musikkritiker und Komponisten wie z.B., Hugo Botstiber, Franz Dubitzky, Emil Lucka, Arnold Schönberg oder Bruno Walter und Egon Wellesz, ab 1916-17 auch Rudolf St. Hoffmann, Adolph Kohut, Josef Reitler und A.F. Seligman, Kultur- und Literaturkritiker wie Anton Bettelheim, Hugo Fleischer, Egon Friedell, Ludwig Hevesi, Stefan Hock, Siegfried Trebitsch und Schriftsteller wie Max Brod, Johannes Schlaf, oder Stefan Zweig. Ab 1914 zählten Paul Czinner, Albert Ehrenstein, Therese Rie-Andro, Josef Reitler, Egon Wellesz, Alexander Zemlinsky zum Kreis der regelm. Mitarbeiter. Seit 1915 führte die Zs. auch eine Rubrik mit Buchbesprechungen, in der ab 1917/18 die wichtigsten zeitgenössischen Neuerscheinungen, u.a. auch aus dem Umfeld des Expressionismus, besprochen wurden. Unter den Rezensenten ab 1916/17 finden sich Namen wie L. Andro, W.v. Molo, H. Natonek, E. A. Rheinhardt, H. Wolf u.a. 1918 wurde die Rubrik Theaterkritik ausgebaut, an der u.a. O.M. Fontana oder Herbert Ihering mit Berichten über Berliner Theateraufführungen mitwirkten oder F.Th. Csokor Regiefragen erörterte. 1918 setzte sich Johannes Schlaf in einem mehrteiligen Beitrag, der sich auch als Replik auf einen H. Walden-Beitrag in der Zs. der Berliner Volksbühne verstand, krit. mit zeitgenöss. Formen des Expressionismus auseinander. Unter den Buchbespr. sei z.B. auf jene zu H. Manns Die Armen durch H. Natonek u. H. Wolf hingewiesen sowie auf jene zu E. Weiß.

Obwohl die Zs. keinen Kriegspatriotismus gepflogen u. kriegskrit. (expressionist) Autoren besprochen hat bzw. unter ihren Mitarb. waren, stand sie dem Zusammenbruch von 1918 eher skeptisch bis ratlos gegenüber, in einigen Fällen wie beim national orientierten J. Schlaf auch zutiefst irritiert, wie ein Beitr. unter dem programmat. Titel Schuld? nahelegt. 1919 schwenkte die Zs. schrittweise auf eine aktivist. Position ein, wie z.B. ein Beitrag von A. Golfar, Verf. der Erz. Gier (E.P. Tal) zeigt, demzufolge Geist/Kunst „sozial wirken“ müsse. Ab der Okt.Nr. 1919 zeigt sich eine verstärkte Präsenz von Kritikern, die zugl. in der Kulturpolitik der Sozialdemokr. prominente Positionen innehatten wie z.B. D.J. Bach, begleitet u.a. von einer Aufmerksamkeit für Neue Musik u. Arbeitersymphoniekonzerte. Bach zeichnete 1921 auch für ein Sonderheft für den Komponisten Julius Bittner (2/1921) verantwortlich. Ab 1920 finden sich auch mehrere Beitr. zur mod. Plastik u. Malerei, u.a. durch Anton Hanak aber auch R. Schaukal (zu A. Kolig). Aufschlussreich auch das Spektrum der Buchbesprechungen 1920: zu M. Delle Grazies Eines Lebens Sterne, H. Fleschs Balthasar Tipho, R. Müllers Inselmädchen, E. Lasker-Schülers Gesammelte Gedichte, S. Trebitschs Die Frau ohne Dienstag oder M. Wieds Bewegung, ergänzt um Aufführungsbespr. zu K. Schönherr (Kindertragödie), G. Kaiser (Brand im Opernhaus) u. E. Weiß (Tanja), sämtl. von O.M. Fontana gezeichnet. 1921-22 brachte die Zs. ebf. zahlreiche Neuerscheinungen u. themat. Akzente, z.B. über W.E. Korngold oder L.W. Rochowanski (Tanz und Film), um dann, vermutl. im Zuge der sich zuspitzenden Inflation, nach dem letzten Heft vom 1.3.1922 ihr Erscheinen einzustellen.


Quellen und Dokumente

Digitalisat der Jahrgänge 1909 bis 1922: Univ. of Michigan

Inhaltsverzeichnis der Nr. 1 (1909), Johannes Schlaf: Expressionismus. In: Der Merker (1918), Nr. 1, Gedächtnisfeier für Frank Wedekind. In: Der Merker (1918), Nr. 2, Rez. zu: Ernst Weiß: Tiere in Ketten. In: Der Merker (1918), Nr. 4, Johannes Schlaf: Schuld? In: Der Merker (1919), Nr. 1, A. Golfar: Revolution. In: Der Merker (1919), Nr. 2, Franz Theodor Csokor: Expressionismus als Regieproblem. In: Der Merker (1919), Nr. 4,  Oskar Maurus Fontana: „Tanja“. Drama von Ernst Weiß. In: Der Merker (1920), Nr. 1, Inhaltsverzeichnis von Der Merker (1922).

Literatur

Eintrag in musiklexikon.at.

(PHK)