geb. am 9.5.1881 in Wien – gest. am 2.12.1955 in Wien; Schriftsteller

Nach dem frühen Tod seines Vaters, einem jüdischen Hof- und Gerichtsadvokaten, kommt S. in ein Internat. Seine Mutter heiratet wieder, und zwar den Arzt Jakob Ehrenstein, einen Onkel von Albert und Carl Ehrenstein. Nach der Matura studiert S. Maschinenbau an der Technischen Hochschule in Wien, beschäftigt sich mit Medizin und Philosophie und ist journalistisch-schriftstellerisch aktiv. Bereits 14-jährig hatte S. ein Feuilleton im Ischler Wochenblatt publiziert, das von Karl Kraus mit großem Interesse aufgenommen wurde. Nun lädt Kraus S. zur Mitarbeit an der Fackel und an seinen Stammtisch im Café Pucher am Kohlmarkt ein. 1909 wird diese Zusammenarbeit und Freundschaft durch ein Zerwürfnis jäh beendet. S.s Interessen liegen im sozialkritischen und sexualtheoretischen Bereich, er setzt sich mit Freud und Weininger auseinander und tritt in seinem moralkritischen Essay Jenseits der Sittlichkeitsgrenze (1906) für eine neue Sexualethik ein. Auch in seinen späteren Texten sind sexuelle und moralische Perversionen bestimmende Grundthemen, was S. den Ruf eines streitbaren Sadisten einbringt.

Neben Publikationen in zahlreichen österreichischen und deutschen Zeitungen und Zeitschriften, wie z. B. der Neuen Freien Presse, dem Neuen Wiener Tagblatt, dem Berliner Tagblatt, der Vossischen Zeitung, dem Sturm, dem Simplicissimus, dem Merker oder der Wage, versucht sich S. auch als Verfasser von Komödien (Revanche 1911, Geldzauber 1913), denen allerdings kein großer Erfolg beschieden ist. Dafür reüssiert S. beim zeitgenössischen (auch internationalen) Lesepublikum und der Kritik mit phantastisch-abenteuerlichen Kriminalromanen. Seine 1911 erschienenen Science-Fiction-Detektivromane Die Söhne der Macht und Das Herbarium der Ehre (NA 1922 als Käufer der Ehre), in dem neue technische Errungenschaften und Spekulationen über die Möglichkeiten des ‚neuen Menschenʻ des 20. Jhdts. das Setting für die Kriminalgeschichte bilden, wirken auch auf zahlreiche österreichische SchriftstellerInnen nach 1918 stilbildend. Zunehmend von Expressionismus und Aktivismus beeinflusst, versteht es S., in seinen Romanen Zeitphänomene prägnant zu fassen und faszinierend zu beschreiben. Sein größter Erfolg ist Die Traumpeitsche (1921): Mit der Horrorvision einer Welt, in der die Träume der Menschen von einer „Traumverwertungsgesellschaft“ synthetisch produziert und industriell ausgebeutet werden sollen, reagiert S. auf aktuelle Diskussionen um die Erkenntnisse der Psychoanalyse. S. ist der erste in der Science-Fiction-Literatur, der sich mit synthetischen Massenbeeinflussungsmitteln beschäftigt, von A. Ehrenstein wird er mit dem Titel „Psychosoph“ bedacht. Seine späteren Romane (z. B. Bob Kreit sieht alles voraus (1931), NA 1936 als Der Edelsteinsucher) stehen in der Nachfolge des modernen Kriminalromans und rücken die Mechanik der Enthüllung des Verbrechens in den Vordergrund.

Nach einem Scheidungskrieg mit seiner Frau Dora Angel (die 1914 in seiner privaten Verfilmung von Die Söhne der Macht die weibliche Hauptrolle gespielt hatte) gerät S. in eine prekäre finanzielle Situation. 1933 werden seine Bücher in Deutschland verboten, 1939 flüchtet er völlig mittellos über Italien nach Frankreich. Seit jeher begnadeter Schachspieler, rettet S. seine Passion für das Schachspiel Mitte 1940 das Leben: Ein französischer Kommandant und sein Schachpartner streicht S. von der Deportationsliste. S. schlägt sich nach Paris durch, wo er von der Gestapo verhaftet und interniert wird. Bemühungen A. Ehrensteins, ein Affidavit für S. zu erwirken, scheitern. Anfang 1949 kehrt S. nach Wien zurück. Für die Niederschrift seiner Fluchterlebnisse unter dem Titel Einer floh vor Hitler findet er keine Publikationsmöglichkeit, seine Fortsetzungsromane für die New Yorker Staats-Zeitung und die Salzburger Nachrichten können wegen Devisenmangels nicht honoriert werden. Seine letzten Lebensjahre sind von Mittellosigkeit und Krankheit geprägt, oftmals spielt er im Kaffeehaus noch um ein paar Schillinge Schach. Am 2.12.1955 erleidet S. in der Straßenbahn auf der Wiener Ringstraße einen Herzinfarkt, an dessen Folgen er verstirbt.


Weitere Werke (Auswahl)

Herr im Spiel (1910); Der Fremdling (1910); Das Glück der Edith Hilge (1913); Die Liebesfalle und andere Novellen (1916); Der entfesselte Mensch (1919); Im Joch der Zeit (1919); Der Seelenschmied (1921); Eva Morsini, die Frau, die war … (1923); Der Geldfeind (1923); Das heißere Leben (1924); Das Experiment (1924); Im Bann der Welle (1924); Der Mann in der Kulisse (1926); Die Erfolge Philipp Sonlos [Detektiv-Grotesken] (1926); Überwinder [Novellen] (1926); Der Tribun [Drama] (1928); Die Sensationellen (1929); Der Schachspieler Jörre (1930); (gemeinsam mit Oskar Franz Scheuer) Das Gefühl. Eine sexualpsychologische und physiologische Darstellung der Rolle und Bedeutung des Tastsinnes für das Triebleben des Menschen (1930); Fünf Gramm Liebeszauber (1931); Der Menschenfilm (1931); Hans Zellorin ist dagegen (1932); Das Geheimnis der Akte K. (1934); Der Detektiv des Königs (1935); Der Edelsteinsucher (1936).

Quellen und Dokumente

Die Sensationellen. Ein Zeitroman. In: Neue Freie Presse 9.4.-6.7.1929, Du sollst nicht vergessen. Novelle. In: Allgemeine Radio-Zeitung 12.12.1924– 30.1.1925, Der Herr der Welle. In: Neue Freie Presse 24.5.–15.7.1925.

Ohrfeigen-Affäre Perutz – Soyka Oktober 1925. In: Illustrierte Kronen-Zeitung 19.10.1925, S. 9, Der Tag 20.10.1925, S. 3.

(Teil)Nachlass an der National Library of Israel (Archiv Albert Ehrenstein, Archiv Carl Ehrenstein), Bestand O.S. im Tagblattarchiv der Wienbibliothek.

Porträt O.S. im Herbert-Exenberger-Archiv der Theodor Kramer Gesellschaft.

Literatur

Werner Garstenauer: „Der andere, das war ich.“ Magnetiseur- und innovative Heldenfiguren in Otto Soykas Romanen Das Glück der Edith Hilge und Der Mann in der Kulisse. Nebst Rezeptionsübersicht und tabellarischer Biographie des Autors. Dipl. Univ. Wien 2001; ders.: Otto Soyka (1881–1955). In: Literatur und Kritik 371/372, 2003, S. 103–110; ders.: Detektivische Befragung einer Generation – Otto Soykas Literarisierung der Massenpsychologie. In: Estudios filológicos Alemanes 15, 2008, S. 573–583; Ansgar Hillach: Traum-Mobilmachung im Nachkrieg. Otto Soykas phantastische Fiktion einer Rechtsoffensive 1921. In: Jacob Joachim (Hg.): Palimpseste. Zur Erinnerung an Norbert Altenhofer. Heidelberg 2004, S. 173–187; Primus-Heinz Kucher: Deklassierte und Glücksritter. Zur Konjunktur sozialer (Spieler-)Typen in Romanen der 1920er Jahren von Hugo Bettauer, Otto Soyka und Joe Lederer. In: Louis Gerrekens und Achim Küpper (Hgg.): Hasard. Der Spieler in der deutschsprachigen Literaturgeschichte. Würzburg 2012, S. 187–202; Joachim Linder: Die Polizei als Reflexionsinstanz. Ermittlung in Kriminalromanen von Otto Soyka, Heimito von Doderer und Ernst Jünger. In: ders.: Wissen über Kriminalität. Würzburg 2013, S. 429–446; Clemens Ruthner: Droge Macht. Zu Otto Soykas Traumarbeit. In: Otto Soyka: Die Traumpeitsche. Ein phantastischer Roman. Frankfurt/Main 1995, S. 195–212; ders.: Am Rande. Kanon, Kulturökonomie und die Intertextualität des Marginalen am Beispiel der (österreichischen) Phantastik im 20. Jahrhundert. Tübingen u. a. 2004.

(VH)

Geb. 1.10.1878 in Altmannsdorf/Wien, gest. 8.7. 1950 in Neustift/Oberwart (Burgenland). Jurist, Soziologe, Univ. Professor, Publizist.

Materialien und Quellen:

Eintrag in ÖBL; Eintrag von R. Müller auf AGSÖ;

(in preparation)

geb. am 12.12.1905 in Zablotów (Ostgalizien, heutige Ukraine) – gest. am 5.2.1984 in Paris; Schriftsteller, Psychologe, Lektor, Übersetzer.

Ps.: Taras Achim, C. L. Chauverau, C. L. Chauvraux, L. C. Chauvraux, C. A. Chauvreau, Jean Clémant, Paul Halland, A. J. Haller, P. Haller, Paul Haller, Jan Heger, N. A. Menlos.

Aus einer Kaufmannsfamilie stammend, verbringt S. seine ersten Lebenssjahre im ostgalizischen, chassidisch geprägten Schtetl Zablotów; 1916 flieht die Familie infolge des 1. Weltkrieges nach Wien. Hier muss die Familie zunächst in bitterer Armut leben, zusätzlich ist sie auch antisemitischen Anfeindungen ausgesetzt. Über die jüdische Pfadfinderorganisation Haschomer Hazair kommt S. mit marxistischen und zionistischen Ideen in Kontakt. Als S. – vermutlich durch die Entbehrungen der Kriegsjahre bedingt – an Tuberkulose erkrankt, rät man ihm, Kurse und Vorlesungen Alfred Adlers an der Volkshochschule zu besuchen. Als er Adler 1921 persönlich begegnet, wird er sogleich ein begeisterter Anhänger dessen Lehre. An der Individualpsychologie fasziniert ihn besonders die soziale Orientierung, in der Folge wird S. einer der prominentesten Vertreter des linken Flügels der Individualpsychologie, der eine Verbindung von Individualpsychologie und Marxismus anstrebt. S. wird in Adlers engsten Kreis aufgenommen und hält dort Vorträge, bereits 1921 spricht er über „Die Psychologie des Revolutionärs“. In seinem 1926 veröffentlichtem Buch Alfred Adler, der Mensch und seine Lehre bezeichnet er Adler als „das soziale Genie unserer Zeit“.

1927 geht S. auf Anraten Adlers nach Berlin, um die dortige individualpsychologische Bewegung vor dem extrem konservativ-religiösen Einfluss des Berliner Ortsgruppenleiters Fritz Künkel zu bewahren. S. tritt der Kommunistischen Partei Deutschlands bei und lehrt an Künkels individualpsychologischen Institut. Ferner hält er Vorträge im Rahmen von Veranstaltungen sozialistischer Jugendorganisationen. Er lernt zahlreiche Angehörige der literarisch-politischen Avantgarde Deutschlands kennen, so etwa Egon Erwin Kisch, Arthur Koestler, Lion Feuchtwanger, Anna Seghers und Bertolt Brecht.

Die Konflikte zwischen S. und Künkel, die marxistische und nicht-marxistische Positionen innerhalb der Berliner Gesellschaft für Individualpsychologie markieren, münden 1929 in eine Spaltung derselben, was sich in weiterer Folge auch auf die Internationale Vereinigung für Individualpsychologie auswirkt. S. hatte bereits 1927 eine marxistisch-individualpsychologische Arbeitsgemeinschaft gegründet und Alice Rühle-Gerstels Buch Der Weg zum Wir (1927), in dem sie eine Synthese marxistischer und individualpsychologischer Denkansätze versucht, zu deren Manifest erhoben. Weitere führende Kräfte der Fachgruppe für die dialektisch-materialistische Psychologie waren neben Otto Müller, ihrem Leiter, Alfred Appelt, Otto Kaus, Edith Cohn, Benno Stein und Henry Jacoby. 1932 gibt S. gemeinsam mit Rühle-Gerstel den Band Krise der Psychologie – Psychologie der Krise heraus, der eine kritische Auseinandersetzung mit Adler darstellt und für S. zum endgültigen Bruch mit seinem früheren Mentor führt. Bereits in ihrem Briefwechsel aus S.s. Berliner Zeit sind Spannungen zwischen den beiden fassbar und dokumentiert. Adler stößt sich vor allem an der politischen Ideologisierung seiner Ideen, die diese nicht nur, aber eben auch durch den überzeugten Marxisten S. erfahren hatten.

S. engagiert sich im Kampf gegen den Nationalsozialismus und wird 1933 von der SA inhaftiert. Nach einem fünfwöchigen Arrest flieht er über Österreich und Jugoslawien nach Paris, wo er in antifaschistischen Organisationen der Komintern arbeitet. 1937 bricht er unter dem Eindruck der Moskauer Schauprozesse mit der Kommunistischen Partei und nimmt seit dem Hitler-Stalin-Pakt öffentlich gegen das Sowjetregime Stellung. Seine Schrift Zur Analyse der Tyrannis (1939) ist der Versuch, autoritäre Systeme mit Hilfe individualpsychologischer Begriffe zu erklären, und zugleich eine Aufarbeitung seiner eigenen politischen Position.

Vor den Deportationen des Vichy-Regimes flieht S. mit seiner zweiten Frau Zenija (Jenka) Zivçon nach Südfrankreich und im Herbst 1942 weiter in die Schweiz. 1945 kehren sie nach Paris zurück, eine Rückkehr nach Deutschland kommt für S. nach seinen Erfahrungen und Kenntnissen über den Holocaust nicht mehr in Frage. Auch die Politik ist für S. keine Option mehr sich zu engagieren, er widmet sich stattdessen vermehrt dem Schreiben von Texten mit aufklärerischem und erinnerndem Anspruch.

Nach Kriegsende fungiert S. als kulturpolitischer Berater der französischen Regierung in Paris und arbeitet als Lektor und Übersetzer beim Verlag Calmann-Lévy. Nun beginnt auch seine literarische Karriere, seine Romantrilogie Wie eine Träne im Ozean (bestehend aus 1949: Der verbrannte Dornbusch, 1950: Tiefer als der Abgrund, 1953: Die verlorene Bucht) und seine dreiteilige Autobiographie All das Vergangene (1974: Die Wasserträger Gottes, 1975: Die vergebliche Warnung, 1977: Bis man mir Scherben auf die Augen legt) entstehen. 1970 erscheint das Buch Alfred Adler oder das Elend der Psychologie, in dem S. mit literarischem Anspruch die individualpsychologischen Konzepte Adlers erklärt, ergänzt und präzisiert sowie das Lehrer-Schüler-Verhältnis in der Psychotherapie anhand Adlers Bruch mit Freud und seines eigenen Konflikts mit Adler analysiert. Am 5.2.1984 stirbt der Georg Büchner-Preisträger (1975) und mit dem Friedenspreis des Deutschen Buchhandels (1983) ausgezeichnete S. in Paris und wird auf der Cimetière Montparnasse beigesetzt.


Weitere Werke (Auswahl)

Die Achillesferse. Essays (1960); Leben in dieser Zeit. Sieben Fragen zur Gewalt (1972); Individuum und Gemeinschaft. Versuch einer sozialen Charakterologie (1978); Churban oder Die unfaßbare Gewißheit (1975); Nur eine Brücke zwischen Gestern und Morgen (1980); Der schwarze Zaun (1986); Sokrates (1988); Charlatan und seine Zeit (2004).

Quellen und Dokumente

Nachlass im Literaturarchiv der Österreichischen Nationalbibliothek

Bestand M.S. im Tagblattarchiv der Wienbibliothek und im Manès-Sperber-Archiv

unter Taras Achim: Zeitgeist und Jugend. In: Der Tag 4.3.1923, S. 11; unter Taras Achim: Zeitgeist und Jugend II. Romantik – Kunst – Hellas. In: Der Tag 18.3.1923, S. 11; unter Taras Achim: Zeitgeist und Jugend III. Soziale Frage – Tat der Gemeinschaft. In: Der Tag 29.4.1923, S. 12; unter Taras Achim: Wir sind so herrlich jung. In: Der Tag 13.5.1923, S. 11.

Radio-Interview mit S., 6.2.1970 (Online verfügbar).

S. liest aus Die vergebliche Warnung, 22.11.1975 (Online verfügbar) sowie aus Die Wasserträger Gottes, 22.11.1975 (Online verfügbar).

sowie weitere Tondokumente in der Österreichischen Mediathek.

Verlagsprospekt zu H. Haunschmied-Donhauser: Sperber als Individualpsychologe (V & R, 2023)

Literatur

Anne-Marie Corbin, Jacques Le Rider und Wolfgang Müller-Funk (Hgg.): Der Wille zur Hoffnung. Manès Sperber – Ein Intellektueller im europäischen Kontext. Wien 2013; Helga Haunschmied-Donhauser: Manès Sperber als Individualpsychologe. Göttingen: Vandenhoek & Ruprecht 2023; Wilhelm Hemecker (Hg.): Ein treuer Ketzer. Manès Sperber – der Schriftsteller als Ideologe. Wien 2000 (= Profile 3, 2000, 6); Rudolf Isler: Manès Sperber – Zeuge des 20. Jahrhunderts. Eine Lebensgeschichte. Aarau 2003; Alfred Lévy: Manès Sperber – oder von den Abenteuern, Leiden und Irrtümern eines politischen Individualpsychologen. In: ders. und Gerald Mackenthun (Hgg.): Gestalten um Alfred Adler. Pioniere der Individualpsychologie. Würzburg 2002, 251–269; Olivier Mannoni: Manès Sperber. L’espoir tragique. Paris 2004; Marcus G. Patka (Hg.): Manès Sperber – ein politischer Moralist. Wien 2006 (= Wiener Jahrbuch für jüdische Geschichte, Kultur & Museumswesen 7); Marcus G. Patka und Mirjana Stančić: Die Analyse der Tyrannis. Manès Sperber. Wien 2005 (= Begleitpublikation zur Ausstellung „Die Analyse der Tyrannis – Manès Sperber“ des Jüdischen Museums Wien in Kooperation mit dem Österreichischen Literaturarchiv der Österreichischen Nationalbibliothek 18.1.–10.3.2006); Mirjana Stančić: Manès Sperber. Leben und Werk. Frankfurt/Main u. a. 2003.

(VH)

Geb. 19.10. 1911 in Wien, gest. 30.11.1990 in Wien. Feuilletonistin, Emigrantin und Remigrantin, Schriftstellerin, Übersetzerin.

Materialien und Quellen:

Eintrag von Ingrid Schramm auf: NDB.

Eintrag von Liliane Studer auf: https://www.fembio.org/biographie.php/frau/biographie/hilde-spiel

Forschungsliteratur (Auswahl):

Sandra Wiesinger Stock: Hilde Spiel. Ein Leben ohne Heimat? Wien: Verl. für Gesellschaftskritik 1996; Marcel Reich-Ranicki: Über Hilde Spiel. München: dtv 1998.Hans A. Neunzig, Ingrid Schramm (Hrsg.): Hilde Spiel. Weltbürgerin der Literatur. Wien: Zsolnay 1999. (= Profile; Jg. 2, H. 3)

(PHK, work in progress)

eigentlich Wilhelm Spira, geb. am 25.6.1913 in Wien – gest. im August 1999 in Puteaux bei Paris; Karikaturist, Zeichner, Journalist

Ps.: bil, Bill Freier, Willy Freier, fifty, Capra

S. sandte gegen den Willen des Vaters, Prokurist der sozialdemokratischen Druckerei Vorwärts, 16-jährig erste Karikaturen an Das Kleine Blatt. Daraus resultierte die ständige Mitarbeit als politischer Karikaturist und Theaterzeichner am sozialdemokratischen Boulevardblatt sowie an der Arbeiter-Zeitung, in der er auch die Rubrik Zwischenrufe links mitgestaltete. Im Feuilleton illustrierte S. u.a. Texte von Karel Čapek, Arnold Höllriegel, Adele Jellinek und Jakob Meth, insbesondere zu Jura Soyfer entwickelte er rasch eine enge Beziehung. Nach dem Schulabschluss studierte S. zwischen 1932 und 1935 bei Wilhelm Müller-Hofmann an der Wiener Kunstgewerbeschule. Von Müller-Hofmann unterstützt wirkte S. an einem Zeichenfilm, einer Carmen-Parodie, mit, die ihm 1935 ein dreimonatiges Engagement bei der Produktion des Films „Der falsche Mustapha“ in Paris ermöglichen sollte.

Nach dem Februar 1934 vorübergehend arbeitslos, lud ihn der Fotograf Hans Oplatka zur Mitarbeit am Wiener Tag ein. Zunächst illustrierte S. die Sonntagsbeilage Sonntag, nach der Rückkehr aus Paris 1936 gestaltete er als „zeichnender Reporter“ (Spira) mit Soyfer gemeinsam Reportagen und fungierte als Umbruchsredakteur. Weiters fertige S. Illustrationen für Die Stunde und in seiner eigenen Rubrik „Der bissige Bleistift“ für die Mittagsausgabe des Neuen Wiener Tagblatts an. Auf Vermittlung des Tag-Journalisten Hans Margulies wurde S. Bühnenbildner des Cabaret ABC im Regenbogen und für Literatur am Naschmarkt. Parallel dazu entstanden die Skizzenblöcke BratislavaPrag und Paris.

Nach dem „Anschluss“ kurzzeitig in der Wiener Karajangasse inhaftiert, emigrierte S. nicht mit seiner Familie nach Schweden, sondern kehrte im August 1938 nach Paris zurück, wo er mit Leonhard Frank, Hermann Kesten, Egon Erwin Kisch, Walter Mehring, Soma Morgenstern, Hans Natonek und Joseph Roth verkehrte. S. arbeitete für die Zs. Le Rire und Nebelspalter sowie gemeinsam mit Friedrich Torberg für die Österreichische Post. Nach Kriegsbeginn als „feindlicher Ausländer“ zunächst festgenommen, diente S. in einer Waffenfabrik in Montluçon, wo er sich einer einer Gruppe ausländischer Widerstandskämpfer um den amerikanischen Journalisten Varian Fry, von Eleonore Roosevelt und Erika Mann in Diensten des Emergency Rescue Committee nach Europa entsandt, anschloss; S. übernahm als Bill Freier die Arbeit des Passfälschers. 1941 nach Verrat verhaftet, überlebte S. mehrere Konzentrationslager und kehrte nach Kriegsende trotz eines Angebots der Arbeiter-Zeitung nach Paris zurück.


Werke

Die Legende vom Zeichner (1998), Pariser Impressionen (1998)

Quellen und Dokumente

Autobiographische Skizzen: Kurze Selbstdarstellung. In: Mit der Ziehharmonika 8 (1991), H. 2, S. 20, Ein kleiner Lebensbericht. In: Die Welt des Jura Soyfer, S. 36- 43 (1991).

Ausgewählte Illustrationen: Adele Jellinek: Einer. In: Das Kleine Blatt, 3.8.1930, S. 3, Karo: Geschichte der Juden in nationalsozialistischer Beleuchtung. In: Arbeiter-Zeitung, 12.6.1932, S. 17, Arnold Höllriegel: Ein Prophet predigt. In: Das Kleine Blatt, 11.8.1932, S. 3.

Ausgewählte Karikaturen: Dollfuß sucht eine Lösung … In: Arbeiter-Zeitung, 21.5.1932, S. 4, Hitler, der Friedensengel. In: Arbeiter-Zeitung, 21.5.1933, S. 4, Preßfreiheit, die ich meine. In: Arbeiter-Zeitung, 14.6.1933, S. 7, Gasschutz-Musterstall. In: Arbeiter-Zeitung, 6.9.1933, S. 3, Deutsche Wahl 1933. In: Arbeiter-Zeitung, 10.11.1933, S. 3.

Ausgewählte Porträts: Richard Beer-Hofmann und Raoul Aslan. In: Das Kleine Blatt, 2.3.1932, S. 9, Hans Moser. In: Das Kleine Blatt, 17.3.1932, S. 7Ernst Krenek. In: Das Kleine Blatt, 22.6.1932, S. 10, Egon Friedell und Gustav Waldau. In: Das Kleine Blatt, 28.12.1932, S. 9.

Zwei karikierende Porträts Joseph Roths, entstanden 1939: Link.

Literatur

Oliver Bentz: B. S.: Künstler, Fälscher, Menschenretter (2013), Claude Bessone: B. S. Vom Roten Wien zu den französischen Internierungslagern (2011, deutsche Übersetzung 2016), Kurt Flemig: Karikaturisten-Lexikon, S. 23f. (1993), Eckart Früh: B. S. (1999/2001), Marion Neumann: Karikaturist und Passfälscher: B. S. In: Angelika Meyer (Red.): Ohne zu zögern, S. 260-267 (2007), Vladimir Vertlib: Wien – Paris: mit Umwegen und Zwischenstationen. Über den Zeichner, Cartoonisten, Bühnenbildner und Redakteur B. S. In: Mit der Ziehharmonika (14) 1997, H. 2, S. 22-24.

Oliver Bentz: Zeichner und Fälscher. In: Wiener Zeitung, 23.10.1998, O. B.: Zeichenkunst und Humanität. In: Wiener Zeitung, 21.6.2013, Ulrike Diethart: B. S. Die Legende vom Zeichner [Rezension.]. Literaturhaus.at (1998), Rosa von der Schulenburg: Ein Dreigroschendasein. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 05.03.1998, Konrad Holzer: Rez. zu. Claude Bessone: B. S.Vom Roten Wien zu den französischen InternierungslagernAustrianposters.at (2017).

Rosa von der Schulenburg: Eintrag bei exilarchiv.de.

(ME)

geb. am 1.1.1890 in Olmütz/Olomouc (k.u.k. Österreich-Ungarn) – gest. am 1.7.1963 in Wien; Schriftsteller, Essayist, Kritiker, Okkultist

in Vorber.

Geb. 10.5. 1899 in Eferding (Oberösterreich), gest. 15.3. 1956 in Schruns (Vorarlberg). Politabenteurer (Freikorpsmitglied 1921, NSDAP-Sympathisant in den 1920er Jahren, Heimwehrführer (zuerst Oberösterreichs, dann 1930-36 Bundesführer), Politiker, Bundesführer der Vaterländischen Front (1934-36), Emigrant.

Materialien und Quellen:

Eintrag bei geschichtewiki.wien; E.R. Starhemberg – Faschist und Patriot (13.12.2011). = ORF-Dokumentation: hier..

Anna Maria Sigmund: Für oder gegen die Nazis? In: Wiener Zeitung, 9. 12. 2011;

(in preparation)

eigentl.: Paul Stefan Grünfeld/Gruenfeld (bis 1906), geb. am 25.11.1879 in Brünn/Brno – gest. am 2.11.1943 in New York; Musikpublizist, Redakteur, Feuilletonist, Schriftsteller

Der Sohn des Abgeordn. zum mährischen Landtag Arnold Abraham Grünfeld und seiner Gattin Annie, geb. Haas, kam nach dem Besuch der Volksschule und des Gymnasiums mit seinen zum Katholizismus konvertierten ehem. jüd . Eltern 1898 nach Wien. Dort studierte er Philosophie, Rechtswissenschaft, Kunstgeschichte, Musik und schloss 1907 mit der Promotion zum Dr. phil. ab. Privat nahm er seit 1904 Stunden bei A. Schönberg, beruflich war er bis 1910 beim Centralverband der Industriellen Österreichs als Sekretär tätig. Bereits 1900 erschien mit Stimmungen sein erster literarischer, d.h. ein Lyrik-Band. Der Durchbruch als Musikkritiker gelang ihm 1908 mit einem ersten Buch über Gustav Mahler, dem 1910 eine weitere Mahlerstudie folgte, die bereits 1912 in der 4. Auflage nachgedruckt wurde, sowie 1911 eine über den Mahlerdirigenten und Komponisten Oskar Fried. Den Ersten Weltkrieg begann St. als (Reserve)Offizier und beendete ihn im Kriegsarchiv, nicht ohne am Kriegstagebuch Vom Isonzo zum Balkan (1916) gem. mit F. Th. Csokor u. E.A. Rheinhardt mitzuschreiben.

1919 legte Stefan eine Geschichte der Wiener Oper unter dem Titel Das neue Haus vor; ab 1920 veröffentlichte er neben Feuilletons für das Neue Wr. Tagblatt auch Besprechungen für die Zs. Musikblätter des Anbruchs (MdA). Sein erster Beitr. in Nr. 5/1920 galt einem Tanzabend von Ellen Tels, deren vielseitige Ausdruckskunst vor den versch., auch krit. kommentierten zeitgenöss. Strömungen, von St. anerkennend herausgestrichen wurden, insbes. jene, die „wieder Erlebnisse russischer Kunst“ vermittelten, aber auch romant. Stücke wie z.B. von Grieg, Chopin oder Dvořak kongenial interpretierten. 1921 folgte seine Studie Neue Musik und Wien, die ihm zahlr. Vortragseinladungen weit über den deutschsprach. Raum hinaus eintrugen; St. wirkte darüber hinaus an mehreren G. Mahler-Initiativen jenes Jahres mit wie z.B. an dem Internat. Mahler-Tagen oder am Mahler-Sonderheft der Zs. Moderne Welt. Nebenher war er auch als Feuilletonist beim Neuen Wr. Tagblatt tätig. 1922 wird er zum österr. Delegierten der IGNM bestimmt u. im Juni 1922 übernimmt Stefan die Leitung der Musikblätter des Anbruch (MdA), eine Funktion, die er bis 1937 innehatte und die in den Folgejahren von versch. Schwerpunktheften, wie z.B. zu F. Schreker (1922), A. Schönberg (1924), zum Jazz, zu Russland (1925), zum Tanz, zu Maschine und Musik (1926) geprägt war und somit auch das themat. Profil wie das Mitarbeiterspektrum der Zs. sichtbar modernisierten und öffneten. 1923 erschien seine Max Reinhardt-Biographie u. St. wurde zum Mitglied der Rechtsschutzkommission des Schutzverbandes deutscher Schriftsteller in Österreich gewählt. Seit Einrichtung der Zs. Die Bühne wirkte auch St. an ihr als Musik- u. Theaterkritiker mit, beginnend mit einer Bespr. der UA von Komisches Intermezzo von R. Strauß. Seit 1925, oft in Begleitung durch P. A. Pisk, war St. auch in Radio Wien als Kommentator oder Vortragender zu hören.

Stefan bemühte sich in jener Zeit um Ausweitung des Mitarbeiterkreises der MdA; prominentester Zugang im Jahr 1925 war z.B. Theodor W. Adorno, der in H.7/1925 die UA von Alban Bergs Wozzeck bespricht. Aus dem Schwerpkt.heft über den Tanz entsteht 1926 auch eine separate Publ. Tanz in dieser Zeit; in der Zs. Die Bühne veröffentl. St. zahlr. Reisefeuilletons, bespr. nebenher auch literar. Neuerscheinungen wie z.B. Schnitzlers Traumnovelle (H.53/1926), widmet R. Rolland einen Beitr., befasst sich mit Selma Lagerlöf (H.210/1928) oder Hofmannsthals Ägyptische Helena (H.187/1928). Im Radio stellt St. Künstler an den Schnittflächen von Literatur u. Musik vor wie z.B. R. Schumann oder E.T. A. Hoffmann u. präsentiert Themen, die zeitgl. auch in den MdA diskutiert werden wie z.B. über Musik und Maschinen im Kontext der Schallplattendebatte oder jener über das sog. Sphärophon. Auch in den sozialdemokr. Volkshochschulprogrammen (Leopoldstadt, Ottakring) war er zu musikal. Anlässen, z.B. zur Verdi-Feier im Jänner 1926, zu Beethoven- und Brahmsveranstaltungen 1927 oder der Hugo Wolf-Gedenkfeier 1928 vertreten. Auch 1927 präsentierte St. in der populären Bühne ungewöhnl. neue Musik bzw. künstler. Ensembles, so z.B. die UA von Ivan Golls Operngroteske Palace Royal in der Vertonung von Kurt Weill oder Diaghilews Ballett anlässl. des Wiener Gastspiels (Dez. 1927). 1928 war Stefan in die Schubert-Feiern stark eingebunden u. veröffentl. auch eine Biographie über ihn, äußerte sich aber auch zu Kreneks Jonny u. dessen nachfolgende Kompositionen, insbes. die Kurzopern Der Diktator oder Schwergewicht oder die Ehre der Nationsowie zu F. Schrekers neuer Oper Der singende Teufel (Bühne 216/1928).

Ende der 1920er konnte St. auch auf eine beachtl. Radiopräsenz verweisen, allein 1929-30 mit je 20 Beiträgen, u.a. zu Schönbergs Gurrelieder. Neben der neuen Musik, z.B. dem Trio Krenek-Schönberg-Weill, Milhaud oder Janaček, interess. St. stets auch die Klassiker in der Linie von Mozart über Verdi bis Wagner. 1932 erschien denn auch Die Wiener Oper; 1933, anlässl. des 50. Todestages von Wagner veröffentl. St. die Schrift Die Feindschaft gegen Wagner; kulturpolit. äußert er sich kritisch über die Machtübernahme des Nationalsoz. in Deutschland. 1934 folgten Biographien zu Arturo Toscanini bzw. Bruno Walter. In den Folgejahren bleibt St. zwar noch aktiv, insbes. durch Radiobeitr., seine publizist. Präsenz ist insgesamt freilich rückläufig. Nach dem sog. Anschluss im März 1938 flüchtete Stefan nach Frankreich u. schloss sich in Paris der Liga für das geistige Österreich an; er gehörte auch ihrer Delegation beim Begräbnis von Joseph Roth an. 1940 flüchtet St. in die USA weiter.


Werke (Auswahl)

Anna Bahr-Mildenburg (1922); Hofmannsthal. Eine Ansprache (1924); Arnold Schönberg. Wandlung-Legende-Erscheinung-Bedeutung (1924); 25 Jahre neue Musik. = Jahrbuch der Universal Ed. (1926); Dvořak. Leben und Werk (1935); Toscanini (1935)

Literatur

Eintrag bei musiklexikon.atEintrag bei deacademic.com.

(PHK)

Geb. 28.9. 1881 in Untermais/Meran, k.k. Österreich-Ungarn (heute: Italien), gest. 30.8. 1940 in Buchenwald (KZ). deutschnational orientierter Politiker der Christlichsozialen Partei (bis 1930), Heimwehraktivist, Rechtsanwalt, Landes- und Bundesrat, Antidemokrat.

Materialien und Quellen:

Eintrag in ÖBL; Eintrag in ÖCV;

(in preparation)

Geb. 28.6. 1880 in Budapest, gest. bzw. ermordet vermutl. am 11.10. 1944 in Auschwitz

Bühnenautor, Librettist für Operetten, Revuen und Kabarett, Komponist, Regisseur, Romancier.

Seit etwa 1900 lebte Sterk in Wien (eine erste Publikation in der Zs. Der Humorist erschien 1901), wo er seit 1907 im Theater- und Kabarettbetrieb als Autor von Operetten tätig wird: für das Bürgertheater mit Die Liebesfalle, für Die Hölle mit der einaktigen Operette Odysseus Heimkehr. 1910 folgten die Operetten Herr und Frau Biedermeier, vertont durch C. M. Ziehrer, sowie Das Musikantenmädel, wo er erstmals mit F. Grünbaum zusammenarbeitete. Große Resonanz im Publikum aber zwiespältiger Aufnahme durch die Kritik fand das ab Nov. 1914 auf dem Dt. Volkstheater laufende, gem. mit F. Grünbaum verfasste Lustspiel Sturmidyll, das in Russisch-Polen Alltags-Abenteuer eines k.u.k. Oberleutnants nachzeichnete, das 1915 auch in Olmütz aufgeführt wurde. 1916 folgte mit Mein Annerl eine weitere Co-Produktion mit F. Grünbaum in diesem Genre für das Carl-Theater. 1918-20 verfasste er Texte für die Revuebühne Femina, z.B. gem. mit F. Löhner eine Revue mit satir. Zeitbezug unter dem Titel Alles schiebt (1920). Im März 1919 war er neben dem Chanson-Texter Bela Laszky zuerst Mitbegründer und im Mai 1919 unter den Akteuren der „Sozialisierung“ des sich dezidiert politisch verstehenden Varietè-Theaters  ›Künstlerspiele Pan‹ in der Riemergasse durch einen aus Ensemblemitgliedern gebildeten Theaterrat und wirkte als dessen erster Spielleiter/Regisseur. 1921 wurde seine Posse Eine feine Nummer im Olypia-Varietè gegeben, im Nov. desselben Jahres kam seine Revue Bis fünf Uhr früh in Berlin auf der Kleinkunstbühne Potpourri zur Aufführung (NWTbl.,24.1.1921, 8). In Berlin erlebte 1922 schießlich seine mit F. Grünbau verf. Operette Dorine und der Zufall ihre Uraufführung; in Wien stand sie im Folgejahr als Gastspiel ebenso erfolgreich („ein ganz besonderes Vergnügen“; Der Humorist, 8.9.1923) im Bürgertheater auf dem Programm wie 1927 als eigentl. Wr. Erstauff. auf der Rolandbühne. 1928 wurde sie in der Regie von F. Preißler durch die Sascha verfilmt.

1924 vollendete Sterk zwei Operetten, die auch aufgeführt wurden: Agri sowie die recht erfolgreich (50 Aufführungen bis März 1925) Pusztaliebchen, die auch in München, Bologna u. Mailand im zwischen August 1925 u. Feb. 1926 in Gastinszen. zur Aufführung gelangte (Der Tag, 17.11.1925, 7). Für Leo Aschers erfolgreiche Operette Ich hab‘ dich lieb, die in Berlin ihre UA erlebte, verfasste Sterk 1926 das Libretto, sodass er bereits Mitte der 1920er Jahre mit nahezu allen wichtigen Operettenkomponisten zusammengearbeitet u. in verschiedenen Funktionen an insges. rund 40 Operetten u. Lustspielen mitgewirkt hat (NWJ, 29.8.1926, 26). Für die Variétébühne Der Faun (Nachfolge von Künstlerspiele Pan) verf. Sterk 1927 eine „Mitternachtsszene“ unter dem Titel Der Faun, ferner die Operette Yvette und ihre Freunde. Ende der 1920er Jahre betätigte sich Sterk auch als Komponist bzw. Verfasser von (Schlager)Liedern, die z.T. hocherfolgreich waren, so z.B. von Du bist die schönste Frau (Dez. 1929, Gr. Musikvereinssaal). 1930 folgte eine Neubearb. der Johann Strauß-Operette Der lustige Krieg, sowie die gemeins. mit Grünbaum verfasste u. von Dol Dauber mit Jazzmusik unterlegte Revue Intermezzo im Zirkus, die in F. Heller im Tag einen geneigten Kritiker fand. Im Dez. dess. Jahres kam die Operette Der König ihres Herzens zur Aufführung und ab August 1932 die von ihm für die deutschsprachigen Bühnen bearbeitete ungar. Operette Tango um Mitternacht von Karl Komjati, die auch international (auf 20 deutschen Bühnen zur Jahreswende 1932-33, Radioübertragungen in Belgien u. Italien bis 1937) überaus erfolgreich war und im März 1933 in Wien ihre Erstaufführung erlebte. Nach 1934 zog sich Sterk aus dem Betrieb sichtlich zurück bzw. beschränkte sich auf gelegentliche Mitwirkungen bei Gemeinschaftsproduktionen. Obwohl bereits 1912 aus der Israelit. KG ausgetreten, wurde er am 15.1.1943 nach Theresienstadt deportiert und von dort am 9.10. 1944 nach Auschwitz, wo er offenbar sofort nach der Ankunft ermordet wurde.


Literatur

R. Müller: W. Sterk. In: ÖBL, Bd. 13, Wien 2007-10, 219; online verfügbar unter: https://www.biographien.ac.at/oebl_13/219.pdf; K. Weniger: Zwischen Bühne und Baracke. Lexikon der verfolgten Theater-, Film- und Musikkünstler 1933 bis 1945. Mit einem Geleitwort von Paul Spiegel. Berlin 2008, 327; K. Ploog: …als die Noten laufen lernten. Bd. 1.2. Komponisten. Norderstedt 2019, 281f.

Weitere Werke (Auswahl)

Rifka Perl. Ein Liebesroman aus Galizien (1920); Des Königs Nachbarin (Singspiel, 1923, gem. mit F. Grünbaum); Ich und Du (1926); Alles verkehrt (Nachtrevue, 1927); Meine Tochter Otto (Operette, 1927)

Quellen und Dokumente

W. Sterk: Theater- Schüttel- und Knüttelverse. In: Der Humorist, 1.3.1907, S. 9; -bs-: Sturmidyll. In: NWJ, 15.11.1914, S. 12-13; Gründungserklärung der Kunstspiele „Pan“. In: Wiener Sporttageblatt, 13.3.1919, S. 4; Sozialisierung der Künstlerspiele „Pan“. In: NWJ, 30.5.1919, S. 26; N.N. über: Dorine und der Zufall. In: Der Humorist, 8.9.1923, S. 2; N.N. über: Pusztaliebchen. In: Der Morgen, 22. 12.1924, S. 4; F.Heller über: Dorine und der Zufall (Neuinsz.). In: Der Tag, 17.3. 1927, S. 5; F. Heller über: Yvette und ihre Freunde. In: Der Tag, 19.11.1927, S. 6; Filmplakat zu: Dorine (Junge, schön und reich). In: Mein Film, H. 146/1928, S. 15; Filmkritik zu: Dorine und der Zufall. In: Der Tag, 12.10.1928, S. 8; F. H[eller]: Intermezzo im Zirkus. In: Der Tag, 18.11.1930, S. 7; (Kurzmeldung): Ein Tango um Mitternacht. In: NWJ, 13.5.1932, S. 10.

(PHK)

(work in progress…)